#SemesterHack Spotlight: Interview mit dem Gewinnerteam „DIWiQ“ über digitale Identität in der Wissenschaft
#SemesterHack Spotlight: Interview mit dem Gewinnerteam „DIWiQ“ über digitale Identität in der Wissenschaft
15.03.21Die #SemesterHack 2.0 Gewinner-Projekte laufen auf Hochtouren. In der Serie „SemesterHack Spotlight“ besuchen wir die Gewinnerteams, die uns einen Blick hinter die Kulissen gewähren. Im folgenden Beitrag führt Kai-Uwe Hunsicker ein Interview mit dem Team „DIWiQ.“
Wie ticken Forschende eigentlich? Wie kann gute Kommunikation Ideen unter Gleichgesinnten voranbringen? Wie funktioniert ein sinnvoller Kompetenz-Ausbau digital in den Wissenschaften und welche Anregungen schafft das für Lehre oder die eigene Karriere?
Es sind Fragen wie diese, welche die Arbeitsgruppe „DIWiQ“ von jungen und etablierten Forscher*innen umtreibt. Gemeinsam forschen und arbeiten sie an einer zentralen Frage: Wie können Wissenschaftler*innen sich am besten digital präsentieren, voneinander lernen und durchschlagende Ideen gemeinsam formulieren?
Für ihr Konzept gewann das Team den zweiten Platz beim #SemesterHack 2.0 und eine Anschlussfinanzierung vom DAAD. Der Online-Hackathon fand am 12. und 13. November 2020 im Rahmen des globalen Hackathons DigiEduHack statt und wurde vom Hochschulforum Digitalisierung, KI-Campus und DAAD veranstaltet.
Kai-Uwe Hunsicker (DCM) sprach mit den fünf Köpfen des Projektteams von DIWiQ über die Idee, Wissenschaftler*innen als nahbare Persönlichkeiten online sichtbarer zu machen und eine besondere Community aufzubauen, die Kompetenzen und Persönlichkeiten sichtbar macht und Ideen antreibt.
Beteiligt am Gespräch waren Natallia Baliuk von der Universität Leipzig; Michael Eichhorn, Angela Rizzo und Alexander Tillmann von der Goethe-Universität Frankfurt; und Claudia Lapin vom KI-Campus und von der Humboldt Universität zu Berlin.
Kai-Uwe Hunsicker: Die konzeptionelle Idee von DIWiQ hat beim #SemesterHack einen Nerv getroffen: Zunächst mal herzlichen Glückwunsch zum zweiten Platz. Was genau zeichnet euer Projekt aus und worum handelt es sich dabei?
Tillmann: DIWiQ soll Kollegen dabei helfen, sich im digitalen Raum sichtbarer zu machen. Es ist gleichzeitig auch ein digitales Qualifizierungsangebot für Wissenschaftler*innen zum Aufbau einer digitalen Identität, also keine reine Präsentation von Fakten aus der eigenen Forschung.
Also mehr ein Forum für eigene Erwartungen, Fragen und Ideen, die man selbst preisgibt oder von anderen Kollegen aufnimmt?
Eichhorn: Wenn man so will, ist DIWiQ ein Selbstlern-Angebot für Wissenschaftler*innen, wie sie eine gute Strategie entwickeln können, um sich digital gut präsentieren und sinnvoll zu vernetzen. DIWiQ soll kein zusätzliches (Berufs-)Forum werden wie LinkedIn oder ResearchGate.
Unsere Grundidee ist, eine Leerstelle zu füllen hinsichtlich der digitalen Identität von Wissenschaftler*innen, die sich untereinander vernetzen und austauschen können. Wir beschäftigen uns als Arbeitsgruppe auch stark mit der Qualifizierung von Lehrenden. Wir arbeiten davon ausgehend mit einem definierten Kompetenzmodell, das verschiedene Kompetenzfelder für Wissenschaftler*innen aufzeigt. Eines davon ist das digitale Abbild, mit dem man sich und seine Arbeit präsentiert. Solch ein Angebot gibt es bisher nicht, also die Darstellung von kompetenter Lehre in Verknüpfung mit dem eigenen Profil als Wissenschaftler*in.
Welche Aspekte stehen dabei im Mittelpunkt?
Baliuk: Zum einen natürlich, welche digitale Identität man als Wissenschaftler*in hat und wie man sie entwickeln möchte – ein Leben lang. Dazu gehört auch, wie viel Privates man neben dem Professionellen preisgeben möchte. Ein zweiter Aspekt ist der Aufbau und das Pflegen der digitalen Reputation über viele Kanäle hinweg und in Verknüpfungen zu anderen. Dabei geht es vor allem um die Beteiligung am wissenschaftlichen digitalen Diskurs und die Vernetzung unter Wissenschaftler*innen, aber auch um den Data Literacy/Datenschutz. Wissenschaftler*innen sollen abwägen, was sie selbst im Wissenschaftsbereich erreichen wollen und können und wie ihre Ziele gegebenenfalls zur eigenen Persönlichkeit und Karriere passen. Diese Fragen online zu verhandeln, genau dafür gibt DIWiQ Wissenschaftler*innen und Forscher*innen eine Möglichkeit.
Welchen Vorteil seht ihr in dieser Vernetzung? Was bringt mir das als Wissenschaftler*in?
Lapin: Es geht um das bewusste Präsentieren der eigenen Arbeit und Forschungstätigkeiten. Das Forum soll vor allem auch die Selbstreflexion anregen und Austausch fördern. Es ist klug, das als fortlaufende Aufgabe zu verstehen und DIWiQ genau dafür zu nutzen. Und eben auch zu wissen, wie man das sinnvoll macht, wo Grenzen liegen wie auch die Chancen.
Was hat der Erfolg beim #SemesterHack 2.0 für euch verändert?
Tillmann: Wir konnten jetzt zunächst aufgrund des Erfolgs einen Antrag beim DAAD stellen und haben damit eine Finanzierung für das erste Tool, das ist jetzt unsere Priorität. Dadurch gewinnen wir Unterstützung für die Medienproduktion und außerdem die Mittel um eine vernünftige Konzeption voran zu treiben.
Wir haben mittlerweile auf verschiedenen Kanälen unsere Arbeitsgruppe und Mission öffentlich gemacht Offenbar wird das gesehen: Wir sind in einem Verbundprojekt aller hessischen Hochschulen Mitglied, die Idee einer eigenständigen wissenschaftlichen Identität im Netz findet großen Anklang.
Was sind eure weiteren Pläne, wie schauen die nächsten Monate aus für DIWiQ?
Rizzo: Unsere Vision besteht ganz grundsätzlich darin, angetrieben von ersten Entwicklungen, auch die weiteren Themen innerhalb des Projekts gut umzusetzen. Da wird wichtig sein, zurückgespiegelt zu bekommen, was davon ankommt, was geändert und angepasst werden muss. Unser Projektplan war im November 2020 die Beteiligung am DigiEduHack, im Anschluss an der Produktentstehung zu feilen und Kontakte zu knüpfen. Die Konzeptausarbeitung und die inhaltliche Ausarbeitung des ersten Moduls beschäftigt uns gerade. Ab März 2021 soll der Prototyp entstehen, also ein Modul, an dem wir uns praktisch ausprobieren können.
Lapin: Das Interessante an dem Projekt und sein Potenzial ist, dass es so unendlich skalierbar ist. In so viele Richtungen: Workshops sind denkbar, Lernvideos oder Fortbildungen auf digitaler Basis. Alles unter der Fahne der Wissenschaft und der Menschen, die sie bewegen.
Baliuk: Wir sehen das außerdem als Teil eines hochschuldidaktischen Zertifikats in Zukunft. Es gibt bisher wenig Forschung und Theorien in diesem Segment, da kommt DIWiQ als Basis für selten gestellte Fragen genau richtig.
Spannend! Das hat ja Kraft, weit über die Idee eines reinen Austausches zwischen Wissenschaftler*innen hinaus zu gehen?
Tillmann. Ganz genau. Denn dahin kann das gehen: DIWiQ soll auch ein Beitrag dazu sein, das Verhältnis von Gesellschaft und Wissenschaft zu stärken. Das wäre aus meiner Sicht ideal. Zum Beispiel gibt ein Wissenschaftler von sich Dinge und relevante Fakten aus seiner Forschung preis, kommuniziert all das ins Netz. Im besten Fall kann er dosiert und bewusst positive Veränderungen in die Gesellschaft tragen und informieren. Das stärkt doch beide Seiten! Ein Beispiel hierzu sind aktuelle Forschungs-Blogs oder Twitter-Kanäle, die erzeugen einen großen Mehrwert: Wer arbeitet da eigentlich, wie arbeitet so ein*e Wissenschaftler*in, was hat der für Themen als Mensch? Es geht bei unserer Projektidee nicht nur darum, sich gut darzustellen als Wissenschaftler*in, sondern auch Einblicke zu liefern, die für eine größere Zielgruppe interessant sein können. Wenn wir das langfristig schaffen, hat sich all die Mühe wirklich gelohnt.
Dann wünsche ich euch genau dafür viel Glück und weiterhin viel Elan bei der Entwicklung des Prototypen jetzt im Frühjahr. Bleibt gesund!
Teammitglieder
Natallia Baliuk, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Universität Leipzig, Herder-Institut. Forschungsschwerpunkte: Digitale Kompetenzen Lehrender, Lehrerprofessionalisierung, digital gestütztes (Fremdsprachen)Lernen
Michael Eichhorn, Erziehungswissenschaftler und Mediendidaktiker, Goethe-Universität Frankfurt. Forschungsschwerpunkte: Digitale Kompetenzen von Hochschullehrenden, Qualifizierung vonLehrenden, Mediendidaktik
Claudia Lapin, M.A. Medienwissenschaften an der Humboldt Universität zu Berlin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am KI-Campus. Forschungsschwerpunkte: AI and Data Ethics, Data Justice, Tech-Innovation in Education
Angela Rizzo, Erziehungswissenschaftlerin, eLearning-Einrichtung studiumdigitale, Goethe-Universität Frankfurt. Forschungsschwerpunkte: Qualifizierung von Lehrenden, Mediendidaktik
Prof. Dr. Alexander Tillmann, Geschäftsführer der eLearning-Einrichtung studiumdigitale, Goethe-Universität Frankfurt. Forschungsschwerpunkte: Digitale Kompetenzen von Hochschullehrenden, Qualifizierung von Lehrenden, Mediendidaktik