Per Hackathon von Null auf Hundert – Der #SemesterHack an der Hochschule Mainz
Per Hackathon von Null auf Hundert – Der #SemesterHack an der Hochschule Mainz
01.07.20Bei einem Hackathon treffen sich Menschen verschiedenster Fachbereiche im digitalen Raum, um gemeinsam Probleme zu identifizieren und Lösungen zu entwickeln. Hochschul- und Statusübergreifend hat das HFD den Hackathon #SemesterHack Anfang Mai 2020 mit 16 Partnerhochschulen, 1009 Anmeldungen und über 11.000 Besuchen der Event-Seite durchgeführt – und am Ende 5 Gewinner*innenteams gekürt. In diesem Beitrag stellt die Hochschule Mainz ihre statusübergreifenden Eindrücke des #SemesterHack vor.
„Von Null auf Hundert“
(Susanne Weissman, Präsidentin der Hochschule Mainz)
Seit 01. März dieses Jahres bin ich als Präsidentin an der Hochschule Mainz. Für die Hochschule Mainz habe ich mich entschieden, weil sich in dieser mittelgroßen und sehr (welt-)offenen Hochschule Digitalisierung in vielen Facetten findet. Zwei Wochen nach meinem Amtsantritt kam die Entscheidung zum Lockdown. Neben vielen Fragen rund um die Umstellung von Präsenz auf Online-Lehre und -Betreuung, beschäftigte mich, wie ich in dieser Situation in Kontakt sein konnte mit all den mir noch unbekannten Menschen an der Hochschule. Wie lässt sich an einem Strang ziehen, wenn Begegnungen und gemeinsame Projekte nicht oder nur schwer möglich sind?
Das Potential von Hackathons
Immerhin: es bestand schnell Einigkeit darüber, mit Engagement in ein Semester zu starten, für das wir keine „Blaupause“ hatten. „Von Null auf Hundert“: manche KollegInnen und Studierende hatten schon Erfahrungen mit digitaler Lehre. Die Affinität zur digitalen Lehre ist zwischen KollegInnen und unter Studierenden unterschiedlich. Quantitativ kamen wir schnell voran, qualitativ gab (und gibt) es vermutlich große Unterschiede. Von- und miteinander lernen war und ist daher die Devise. Die Nachricht des HFD, dass es einen Hackathon zum digitalen Semester geben würde, verbunden mit meiner Frage einer Beteiligung der Mainzer, fand sofort Zuspruch. „Was bedeutet das digitale Semester für Lehrende, Studierende, Hochschulpersonal und das gesamte Hochschulsystem?“ – das war ja genau unsere Frage, jeden Tag neu.
Gemeinsam an Lösungen arbeiten, Gestaltungsspielräume nutzen, Energie in inspirierende Fragen zu investieren, an einem Strang ziehen – diese Gelegenheit bot sich (unter anderen) mit dem Hackathon. In der Rückschau war die Teilnahme nicht nur aus diesen Gründen mehr als lohnend. Mainz fühlt sich noch stärker in der HFD-community zuhause, es sind neue Kontakte geknüpft worden und Verbindungen entstanden, neue Impulse wurden gesetzt und konnten mitgenommen werden. Aufbruchstimmung, so lässt es sich am besten zusammenfassen.
Und, ja: wir waren in diesem Semester auch viel mit Gegensätzlichem, mit Uneindeutigem, mit Unsicherheit beschäftigt. Das ist ehrlicherweise auch anstrengend, erschöpft, macht zunehmend dünnhäutiger, manche Nerven liegen blank. Vieles läuft noch nicht so, wie es sein sollte. Welche Chancen in der digitalen Lehre liegen, können wir noch gar nicht wirklich beantworten. Wir finden es nur heraus, wenn wir weiter neugierig bleiben. Impulse und Gelegenheiten wie der Hackathon sind hier ideal.
„Hacken? Ist doch nur was für Informatiker…“
(Ann-Kathrin Grohs, Studierende und Mitglied im AStA-Vorstand)
Frau Weissman fragte im AStA an, ob der Hackathon nicht ein tolles Projekt für das digitale Sommersemester sei. Mein erster Gedanke war: Hacken? Das ist doch nur was für Informatiker. Ich war allerdings neugierig und schnell wurde mir klar: Hackathon ist für alle. Mir wurde ein Projekt präsentiert, bei dem fachübergreifend Lehrende und Studierende in ganz Deutschland arbeiten. Es mussten Lösungen und Konzepte her für das größte Thema der Lehre: Digitalisierung. Als zweiter AStA Vorstand versuche ich immer neue Angebot für die Studierenden voran zu bringen.
Zu diesem Zeitpunkt hätte ich nicht gedacht, dass wir so viel Zuspruch bekommen. Als ich das genaue Konzept unserer Hochschulleitung vorstellte war schnell klar, die Hochschule Mainz ist dabei. Für mich war dieses Projekt eine Möglichkeit den Studierenden einen Rahmen zu bieten, in dem sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen können. Ich habe in meiner Zeit an der Hochschule viele motivierte Studierende kennengelernt. Sie haben vielfältige Ideen, wie man das Leben, Lernen und Lehren an der Hochschule verbessern kann. Das muss gefördert werden. So kam auch die Idee zustande, die Teilnahme Hochschulintern zu honorieren.
Studentische Partizipation als Ressource
Nur in einem Rahmen, in dem die Studierenden für ihre Ideen belohnt werden und dafür auch der zeitliche Rahmen geschaffen wird, können solche Projekte wirklich effizient sein. Alle Studierenden, mit denen ich im Austausch war, haben erzählt, wie viel Spaß sie hatten. Es seien harte 48 Stunden gewesen, aber sie waren stolz auf ihre Projekte. Einige sprachen sich sogar dafür aus, so ein Projekt jedes Semester zu machen.
Lehrmethoden für die Praxis, das sollte das Ziel sein. Auch gerne in Zukunft digital. Schließlich werden wir auch im Job nicht um Videokonferenzen herumkommen. Warum also nicht schon im Studium lernen. Aber nicht nur das, Stichworte wie Projektplanung, Selbstmanagement und vor allem Innovation sind Erfahrungen, die einen weiterbringen.
An unserer Hochschule hat die Zusammenarbeit wirklich gut geklappt. Frau Mehler-Bicher und ich haben gemeinsam ein tolles Konzept gefunden, um den Studierenden einen Rahmen für ihren Tatendrang zu geben. Dieses Arbeiten auf Augenhöhe war wirklich effizient, wie man gesehen hat. Es hat dazu noch super viel Spaß gemacht und ich habe ein paar wirklich spannende Projekte gesehen.
Deshalb mein Appell: Hört euch zu! Seid aufmerksam und arbeitet mit und nicht gegeneinander. Vor allem nutzt den frischen Wind eurer Studierenden. Das braucht es für eine moderne Hochschule. Lasst uns voneinander lernen. Ich würde auf jeden Fall jederzeit wieder bei so einem Projekt mitmachen!
„Dann haben sich einfach alle schnell an die Umsetzung gemacht“
(Anett Mehler Bicher, Vizepräsidentin für Digitalisierung und Forschung)
Der Online-Hackathon des HFD war ein völlig neues Format. Hätte man Studierende in diesem Ausmaß in einem klassischen, nicht von digitaler Lehre geprägten Semester dafür begeistern können? Auf diese Frage lässt sich keine eindeutige Antwort finden. Vermutlich hätten sie dem digitalen Format kritischer gegenüber gestanden. Die Möglichkeit, gemeinsam, wenn auch nur virtuell an einer Idee projektbasiert arbeiten zu können, war für viele Studierende sicherlich entscheidend, sich für eine Teilnahme auszusprechen.
Credit-Points für den #SemesterHack Hackathon
Anfang Mai hatten wir bereits sieben Wochen digitale Lehre hinter uns gebracht, die ersten Anlaufschwierigkeiten waren überwunden, die Köpfe wieder etwas freier und neugierig, etwas Neues auszuprobieren. Das Interesse an dem Online-Hackathon war groß, da das Angebot aus unserer Sicht genau zum richtigen Zeitpunkt kam. Ann-Kathrin Grohs Initiative, den Online-Hackathon an die Hochschulleitung heranzutragen, hat mich überzeugt, so dass ich in meiner Funktion als Vizepräsidentin für Digitalisierung & Forschung gerne als Ansprechpartnerin seitens der Hochschule zur Verfügung stand.
Meine Idee, den Online-Hackathon auch als Wahlpflichtfach oder Teilleistung in anderen Fächern einrechnen zu lassen, stieß auf fruchtbaren Boden an der Hochschule Mainz. In allen drei Fachbereichen wurden Ideen entwickelt, wie dies passieren könnte. Relativ schnell konnten erste Ideen zu einer Anerkennung des Online-Hackathons festgezurrt und abgestimmt werden.
Die Vorbereitung des Hackathons war durch einen hohen Zeitdruck geprägt. Innerhalb kurzer Zeit mussten Themen entwickelt und korrespondierende Challenges definiert werden, zu denen dann wiederum Teams gefunden werden mussten. Immer wieder fanden kurzfristig anberaumte Zoom-Meetings zur Absprache statt. Das ganze zweisprachig, da auch von internationalen Studierenden großes Interesse geäußert wurde. Das HFD konnten wir dann noch sehr operativ durch die Bereitstellung einer Zoom-Lizenz für Till Rückwart unterstützen. Insgesamt waren wir sehr gespannt, wie viele Studierende der Hochschule Mainz aktiv teilnehmen würden und ob unsere „Vermarktung“ aufgehen würde. Am Abend vor dem Hackathons war klar, wir hatten ca. 90 Studierende gewonnen.
Mittwochs um 10:00 startete der Hackathon offiziell. Anfangs war viel Organisation notwendig. Ann-Kathrin Grohs hatte hier eine Schlüsselrolle; mit einer Vielzahl anderer Paten und Mentoren kam aber relativ schnell Zug in die Projekte und die Studierenden entwickelten in Teams ihre Ideen. Ein wichtiges Thema für viele Projekte war die Idee, Möglichkeiten eines digitalen Campusleben geeignet zu unterstützen. Donnerstag gegen 18:00 luden die Teams ihre Projekte in Incom hoch. Die Vielfalt der Projekte war beeindruckend. Viele Teams hatten fachbereichs- oder gar hochschulübergreifend gearbeitet.
Die Sichtung der vielen Projekte zeigt, hier stecken viele Ideen drin, die man in Folgesemestern aufgreifen sollte. Auch wenn ein Wintersemester gegebenenfalls ein eher hybrides Semester sein wird, werden Fragen nach einem möglichen Campusleben oder Entwicklung digitaler Kompetenz bei Studierenden und Lehrenden weiterhin von hoher Relevanz sein. Interessant wäre eventuell ein Hackathon im kommenden Sommersemester, wenn wir alle Erfahrungen mit digitalen Semestern gewonnen haben, ob auf Basis der bisherigen Erfahrungen neue oder adaptierte innovative Ideen aufkommen. Lassen wir uns überraschen …