Padlet „Forschung rund um Lehren & Lernen in Zeiten von Corona“ – Eine kollaborative Sammlung

Padlet „Forschung rund um Lehren & Lernen in Zeiten von Corona“ – Eine kollaborative Sammlung

02.10.20

Übereinander liegende, pastellfarbene Papiere, Text: Einladung zum Mitmachen

Seit April 2020 wächst eine kollaborative Sammlung zu Forschungsprojekten und Forschungsergebnissen rund um das Thema Lehren und Lernen an Hochschulen in Zeiten von Corona. Das Padlet ist eine Initiative des Hochschuldidaktischen Zentrum Sachsens (HDS). Es funktioniert wie eine digitale Pinnwand. Alle Besucher*innen sind eingeladen, zu lesen, zu ergänzen und zu kommentieren. Ziel ist nicht nur die zentrale Sammlung von zeitaktuellen, relevanten Studien. Das Padlet schafft ebenso eine Grundlage, um miteinander zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf die Hochschullehre und ihre Support-Strukturen ins Gespräch zu kommen. In diesem Beitrag stellt Anita Sekyra das Padlet näher vor: Sie geht auf seine Entstehungsgeschichte ein, auf seine Rolle als Impulsgeber für kritische Auseinandersetzung, und auf ihre drei persönlichen Schlüsselerkenntnisse zu der Corona-Studienlage.

Übereinander liegende, pastellfarbene Papiere und Beitragstitel

 

Entstehungsgeschichte

Das Padlet stellte für mich eine Art Bewältigungsstrategie dar. Denn die Corona-Pandemie überwältigte mich und nahm mir ein stückweit die Handlungsfähigkeit. Umso mehr staunte ich, wie schnell Hochschulen Befragungen aufsetzten und Ergebnisse publizierten. So begann ich, zu sammeln. Entstanden ist ein Panorama von der Studienlandschaft zu Lehren und Lernen an Hochschulen in Zeiten von Corona. Bisher gibt es 15 aktiv Beitragende (Stand 09/2020). Seit der aktiven Mitarbeit von Christiane Arndt und Alexander Grundmann des Projektes BRIDGING der TU Hamburg im August 2020 gewinnt das Padlet wöchentlich an Qualität und Aktualität. Kurzum: Die Credits für den Erfolg des Padlets gehen an die Community!

Mit der wachsenden Anzahl der Einträge strukturierte ich das Padlet in drei Hauptrubriken:

  • Studien zu Lehre mit den Zielgruppen Lehrende und Studierende
  • Studien zu Forschung und Management mit den Zielgruppen Führung und Wissenschaftler*innen
  • Studien zu internationalen Entwicklungen mit den Zielgruppen Lehrende und Studierende

In einem weiteren Beitrag auf dem HFD-Blog wird Christiane Arndt aus transferstrategischer Perspektive einen detaillierten Einblick in die Studien zum Schwerpunkt Lehre geben.

Bildschirmfoto der Padlet-Seite.

 

Das Padlet als Impulsgeber für kritische Auseinandersetzung

In einer weiteren Rubrik „Impulse für Diskussionen“ finden sich zwei Einsatzszenarien für das Padlet. Es handelt sich jeweils um moderierte Diskussionsrunden für Lehrende bzw. Hochschuldidaktiker*innen. Beide Einsatzszenarien folgen dem gleichen Prinzip (Think-Pair-Share):

  • drei ausgewählte Studien lesen (Einzelarbeit)
  • drei Schlüsselerkenntnisse (Key Learnings) pro Studie identifizieren (Kleingruppe)
  • Schlüsselerkenntnis auf den eigenen Kontext transferieren (Plenum)

In den Diskussionsrunden geht es zum einen um die Erschließung des aktuellen Diskurses, um die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Hochschullehre, und zum anderen um die Arbeit an der eigenen scholarly attitude. Denn: “the work of the scholar also means stepping back from one’s investigation, looking for connections, building bridges between theory and practice, and communicating one’s knowledge effectively (…)” (Boyer 1990, S. 16).

Dass die Idee der scholarly attitude trägt, zeigen die Verläufe der Diskussionsrunden. Inhaltliche und methodische Schlüsselerkenntnisse werden gleichermaßen intensiv diskutiert, wie diese beiden Beispiele zeigen:

  • In einer Diskussionsrunde thematisierten Lehrende die Schwierigkeit der Verallgemeinerung einzelner Studienergebnisse. Denn wie die Lehre fanden auch die Studien in einer Ausnahmesituation statt. Mit entsprechender Vorsicht sind die Studienergebnisse auf Online-Lehre grundsätzlich zu übertragen. Provokant gesagt: Emergency Remote Teaching meets Emergency Remote Research.
  • Das Fehlen an Orientierung führt insbesondere in Krisenzeiten zu noch mehr Verunsicherung. Eine klare, zeitliche Struktur als Orientierung ist bei Online-Lehre nicht automatisch gegeben (z. B. bei asynchronen Lernsettings). Vor diesem Hintergrund fiel Lehrenden bei der Studie „Efficiency of flipped classroom with online-based teaching under COVID-19“ von Tang et al. (2020) der Mehrwert der Stundenplan-Struktur des digitalen Flipped Classroom Modells auf.

Das Padlet entwickelte sich für mich zu einem zentralen Impulsgeber für die kritische Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der Corona-Krise auf die Hochschullehre. Auf meine drei persönlichen Schlüsselerkenntnisse (Key Learnings) gehe ich im Folgenden ein. Aber vorher bin ich neugierig: Was fällt Ihnen in der Auseinandersetzung mit dem Padlet und den Studien auf? Kommentieren Sie gern unter dem Blogbeitrag!

Meine drei persönlichen Schlüsselerkenntnisse zur Corona-Studienlage

Eine Journalistin fragte mich kürzlich: „Welche Studie können Sie empfehlen?“. Dieser Frage wich ich ein stückweit aus. Denn die Studien unterscheiden sich stark in ihren Zielen, Zielgruppen, Auftraggeber*innen oder in ihrer Güte. So ergibt sich der Grad der Nützlichkeit einer Studie v. a. aus dem Standort der Rezipierenden. Ich benannte stattdessen drei übergeordnete Entdeckungen:

  1. Die Mehrheit der Studien beschäftigt sich mit dem Umzug der Lehre in den digitalen Raum. Der Umzug in den digitalen Raum ist eine spezielle Folge der Corona-Krise. Denn Kontaktbeschränkung heißt das Gebot der Stunde. Vernachlässigt erscheint mir jedoch die Reflexion von Krisensituationen in der Hochschullehre aus anderen Perspektiven (z. B. aus historischer, psychologischer oder erziehungswissenschaftlicher Perspektive).
  2. Es klafft eine eklatante Lücke: Es fehlen Studien zum Supportbereich und insbesondere zur Hochschuldidaktik. Entweder gibt es solche Studien nicht oder sie werden nicht erfolgreich kommuniziert. Beides ist problematisch. Denn ohne empirische Belege bleiben die Leistungen des Supportbereichs während der Corona-Krise unsichtbar. 
  3. Es dominieren quantitative Studien. Diese Dominanz hat sicherlich gute Gründe. Doch bekommen wir damit alles in den Blick? Ein Gegenbeispiel liefert das Projekt AEDiL. AEDiL ist ein autoethnographisches, kollaboratives Forschungsprojekt zu digitaler Lehre und deren Begleitung. „Autoethnografie ist ein Forschungsansatz, der sich darum bemüht, persönliche Erfahrung (auto) zu beschreiben und systematisch zu analysieren (grafie), um kulturelle Erfahrung (ethno) zu verstehen.“ (Ellis, Adams, Bochner 2010, S. 345)

Übereinander liegende, pastellfarbene Papiere, Text: Einladung zum Mitmachen

 

Einladung zum Mitschreiben

Mit dem Community-Gedanken startete das Padlet. Mit dem Community-Gedanken endet dieser Blogeintrag:

Ich lade Sie zur Mitarbeit an dem Padlet ein: Ergänzen Sie gern fehlende Studien. Kommentieren Sie aufgeführte Studienergebnisse. Teilen Sie hochschuldidaktische Konzepte für die Diskussion von Studien. Bei Fragen, Anregungen etc. zum Padlet melden Sie sich bei mir unter anita.sekyra@hd-sachsen.de.

Wenn Sie als Autor*in einer Studie diese vorstellen, als Student*in Studienergebnisse kommentieren oder als hochschulische*r Akteur*in eine Einschätzung zu der Studienlage in Gänze auf dem HFD-Blog geben möchten, melden Sie sich bei Laura Wittmann unter kommunikation@hochschulforum.org.

 

#GemeinsamBesser

Anita Sekyra

 

Literatur

Boyer, E. L. (1990). Scholarship Reconsidered. Priorities of the professoriate. San Francisco, CA: The Carnegie Foundation for the Advancement of Teaching

Ellis, C., Adams, T. E., & Bochner, A. P. (2010). Autoethnografie. In: G. Mey & K. Mruck (Hrsg.). Handbuch qualitative Forschung in der Psychologie. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. S. 345-357.

Tang, T., Abuhmaid A.M., Olainet, M. et al. (2020). Efficiency of flipped classroom with online based teaching under COVID-19. In: Interactive learning environments. Abgerufen 30.09.2020 von https://doi.org/10.1080/10494820.2020.1817761

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