OER Tracks: Bedarfsgerechte Musik für die digitale Lehre durch DIY

OER Tracks: Bedarfsgerechte Musik für die digitale Lehre durch DIY

14.10.22

Musik kann digitale Lernmedien besser und effektiver machen, unterliegt aber meistens Urheberrechten. Wie können Lehrende, die ihre Materialien zur freien Verfügung stellen, von didaktischen Ohrwürmern profitieren, ohne juristische Störgeräusche zu riskieren? Das zeigt Sina Nitzsche mit einem Good-Practice-Beispiel der FH Dortmund. 

Mit Musik geht alles besser – das gilt nicht nur für Sport und Hausarbeiten, sondern auch für Screencasts, Erklärvideos und Vorlesungsmitschnitte. Untersuchungen zu diesen digitalen Vermittlungsformaten, die nicht zuletzt während der Coronapandemie an Bedeutung in der universitären Lehre gewannen, zeigten: Hintergrundmusik kann  die Lernerfahrung, die Motivation und das Engagement von Studierenden fördern (de la Mora Velasco & Hirumi 2020: 2828). Ein Problem dabei: Da die Musik-Bibliotheken von Videoschnittprogrammen zumeist urheberrechtlich geschützt sind, ist eine rechtlich sichere Einbindung kaum möglich. Urheber- und Zugriffsrechte stehen somit dem Ziel entgegen, musikalisch untermalte Lehrmaterialien als Open Educational Resources (OER) zur Verfügung zu stellen. Wie also können Lehrende ihre Videos rechtssicher mit Musik als OER veröffentlichen? Ein Lösungsansatz lautet: Offene Lizenzen durch Do It Yourself (DIY)!

Das Projekt OER Tracks

Das Projekt OER Tracks der Fachhochschule Dortmund setzte sich zum Ziel, erstmalig Musiktracks speziell für den Einsatz in der digitalen Lehre zu produzieren und zu veröffentlichen. Die Musikstücke sollten 4-6 Minuten lang, Instrumentalversionen, loop- und remixfähig sein. Zudem sollten sie keine Samples, d.h. Ausschnitte aus existierenden und urheberrechtlich geschützten Tonaufnahmen, enthalten. Da die Finanzierung über die Corona-Soforthilfe des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW erfolgte, war dem Projektteam ein NRW-Bezug für eine erfolgreiche Bewerbung wichtig. Die Ausschreibung richtete sich an enstprechende Künstler:innen aller Genres, kultureller Kontexte und musikalischer Stilrichtungen ohne GEMA-Mitgliedschaft. 

Aus den vielen Einsendungen wählte eine Auswahljury insgesamt 10 Künstler:innen aus. Diese produzierten die Tracks über einen Zeitraum von mehreren Monaten im Sommer 2021 in enger Abstimmung mit dem Projektteam und dem punktuellen Feedback von Lehrenden. Lehrende mit musikalischer Expertise gaben ein besonders ausführliches Feedback zu den einzelnen Tracks. Anderen Lehrenden war es wichtig, dass die produzierten Musikstücke eine „originelle, stimmige und unaufdringliche Untermalung [des Lernstoffes sicherstellen], die gute Laune macht und im Ohr bleibt“ (Schröpf 2021). Verschiedene Feedbackschleifen und digitale Listening Sessions trugen zur Qualitätssicherung der einzelnen Tracks bei. Das Resultat ist das Album OER Tracks: The Best Music for Educational Videos, Volume 1 (2021), welches im Frühjahr 2022 auf dem Landesportal ORCA.nrw unter der Lizenz CC BY veröffentlicht wurde. Damit stehen diese Tracks nicht nur Lehrenden in NRW, sondern allen Interessierten auf der ganzen Welt zur Verfügung. 

Lessons Learned

Es gibt eine Vielzahl an Lessons Learned aus dem Projekt OER Tracks. Aus OER-Perspektive gilt der gleiche Grundsatz wie für die Produktion von anderen OER-Materialien: DIY-Ansätze erlauben die größte Flexibilität in der Produktion. So haben Künstler:innen Beats aus selbst aufgenommenen Geräuschen, Klängen und Sounds erstellt. Und neben der Arbeit mit professionellen Musiker:innen können Hochschulen auch selbst tätig werden: Projekte dieser Art eignen sich nach Einschätzung des Projektteams sehr gut als Lehrprojekt in den Studiengängen Film und Sound, Sounddesign, Medienproduktion und Musik(-wissenschaft). Lehrende mit musikalischer Expertise könnten gemeinsam mit Studierenden Erklärvideos und dazugehörige Musikstücke in semesterbegleitenden Projektseminaren, forschungsbasierten Lehrveranstaltungen oder in Praxismodulen erstellen. Lehrende könnten Kooperationspartner:innen aus der Praxis für die Produktion oder das Mastering hinzuziehen.

Aus der Perspektive der Künstler:innen war das Projekt eine wichtige Möglichkeit, während der zahlreichen Lockdowns und coronabedingten Einschränkungen im Kunst- und Kulturbetrieb ihr eigenes künstlerisch-professionelles Portfolio im Hochschulkontext zu erweitern. Manche Künstler:innen haben gelernt, Musik im Auftrag zu produzieren und Feedback in ihre Arbeit einfließen zu lassen.

 

Obwohl die produzierte Musik eine große musikalische Bandbreite aufweist, ist sie auf westliche Genres und Popmusikgattungen beschränkt. Ein Follow-Up-Projekt sollte daher weitere Kulturräume stärker repräsentieren.

Fazit

Das Projekt nimmt Lehrenden die Berührungsängste mit OER, weil OER Tracks ihnen qualitätsgeprüfte Materialien an die Hand gibt, die sie ganz konkret für ihre digitale Lehre nutzen können. Sie können die CC-lizensierte Musik bequem für ihre Bedürfnisse adaptieren und remixen. Sie sparen sich viel Aufwand bei der Vertonung ihrer Screencasts, Erklärvideos und Vorlesungsmitschnitte. Darüber hinaus übernehmen Hochschulen auf diese Weise gesellschaftliche Verantwortung, weil die Nutzung der Musikstücke zur Sichtbarkeit von Künstler:innen im Bildungsbereich und darüber hinaus beiträgt. 

 

Quellen: 

  • de la Mora Velasco, E., Hirumi, A. “The effects of background music on learning: a systematic review of literature to guide future research and practice.” Education Tech Research Dev 68, S. 2817–2837 (2020). https://doi.org/10.1007/s11423-020-09783-4
  • Schröpf, R. E-Mail an die Autorin. 11. Mai 2021.

Lizenz:

Dieser Text steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International – CC BY 4.0. Bitte nennen Sie bei einer möglichen Nachnutzung den angegebenen Autorennamen sowie als Quelle das Hochschulforum Digitalisierung.

Zitiervorschlag: „OER Tracks: Bedarfsgerechte Musik für die digitale Lehre durch DIY“ von Sina Nitzsche, Fachhochschule Dortmund, ist lizenziert unter CC BY 4.0

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