Mapping OER – ein deutscher Sonderweg?

Mapping OER – ein deutscher Sonderweg?

27.01.16

Am 22. Januar fand die Mapping OER Fachtagung in Berlin statt. Markus Deimann berichtet aus seiner Sicht über die Tagung, das Projekt und die politischen Maßnahmen mit Blick auf OER.

Mit der Mapping OER-Fachtagung fand die vorletzte Etappe einer bemerkenswerten Entwicklung statt. Bemerkenswert ist zunächst, dass es überhaupt dazu gekommen ist mit dem Projekt Mapping OER, den Grad der „OERisierung“ in Deutschland zu bestimmen, d.h. eine Landkarte freier Bildungsmaterialien zu erstellen, bei der möglichst viele Sichtweisen aus den großen Bildungsbereichen (Schule, Hochschule, Aus- und Weiterbildung) vertreten sind.

Bislang ist Deutschland nämlich im internationalen Vergleich immer noch ein weitgehend blinder Fleck. Mit der Pariser Erklärung vom Juni 2012 bekam das Thema dann jedoch mehr und mehr Aufmerksamkeit. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Kultusministerkonferenz (KMK) starteten danach eine umfassende Aufarbeitungsphase, u.a. mit einer Expertenanhörung und drei in Auftrag gegebenen Studien: (1) Dossier: Offene Bildungsressourcen/Open Educational Resources – Handlungsfelder, Akteure, Entwicklungsoptionen in internationaler Perspektive, (2) Open Educational Resources (OER), Open-Content und Urheberrecht und (3) Metadaten für Open Educational Resources (OER). Eine Handreichung für die öffentliche Hand. Welche Maßnahmen sich daraus für die Bildungspolitik ableiteten, blieb jedoch unklar, derweil das Interesse für OER in Deutschland stieg (so gab es beispielsweise 2013 und 2014 jeweils eine große OER-Konferenz).

Als dann am 27.01.2015 der Bericht der Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern der Länder und des Bundes zu Open Educational Resources (OER) veröffentlicht wurde, schien es etwas klarer zu werden:

„Die  Bund-Länder-Arbeitsgruppe empfiehlt als vorrangige Maßnahme den Aufbau einer neuen bzw. die Unterstützung bereits bestehender Plattformen im Internet, auf der Verweise zu verschiedenen OER-Quellen und, falls sinnvoll, auch OER-Materialien gebündelt bereitgestellt, gefunden und heruntergeladen werden können. Flankierend dazu sollten weitere Maßnahmen angestoßen werden, die ineinander greifend das Thema befördern werden. Die Aktivitäten sollten dabei die Spezifika der unterschiedlichen Bildungsbereiche berücksichtigen und, falls sinnvoll, forschungsbegleitet angelegt sein, um Ergebnisse und Erfahrungen in den laufenden Prozess zu übertragen.“ 

Weitere Reflexionsschleife statt konkreter Maßnahmen

Doch anstatt nun daran zu gehen, die empfohlenen Maßnahmen politisch auszukleiden und auf den Weg zu bringen, ging das BMBF in eine erneute Reflexionsschleife. Neben der Machbarkeitsstudie – Welche Infrastrukturen braucht Deutschland für freie Bildungsmedien? – wurde auch die oben schon erwähnte Studie Mapping OER beauftragt. So wichtig die Absicht auch ist, das Wissen zu und über OER systematisch aufzuarbeiten – im Mapping Projekt gab es dazu die Phasen Analyse, Dialog und Synthese – so führte das Timing doch zu etwas Irritation (siehe dazu den Talk „OER: Graswurzelbewegung trifft Bildungspolitik“). Außerdem lagen mit den Whitepapern für Schule, Weiterbildung und Hochchule (erstellt unter Koordinierung der Transferstelle für OER in Zusammenarbeit mit dem Co:llaboratory, der Bertelsmann Stiftung und dem Stifterverband) bereits umfangreiche Bestandsaufnahmen vor. Zu erwähnen ist hier auch noch der „Leitfaden zu Open Educational Resources in der Hochschulbildung“ von der Deutschen UNESCO-Kommission.

Somit gleicht die bildungspolitische Beschäftigung mit OER in Deutschland einem Sonderweg. Blickt man auf die internationale Entwicklung so ist eine deutlich konsequentere Handlungsweise, die zu sichtbaren Ergebnissen führt, erkennbar. Mit dem OER Research Hub, angesiedelt an der Open University UK, liegt beispielsweise ein seit mehreren Jahren aktives Portal vor, das u.a. mit der OER Impact Map und dem OER Evidence Report zentrale Herausforderungen von OER adressiert. Aus den USA bekannt ist eine Form des landestypischen politischen Lobbyismus, die in Bezug auf OER an einer radikalen Veränderung des Bildungssystems arbeitet. Auch gibt es landesweite Initiativen wie etwa Opening up Slovenia, die dem von der EU Kommission ausgegebenen Ziel des Opening Up Education folgen.

Deutschland sucht seine Position im OER-Diskurs

Deutschland muss – so scheint es – seine Position im internationalen OER-Diskurs noch finden, zu zögerlich und abwartend sind die bisherigen politischen Signale. Mit der am vorvergangenen Montag bekannt gewordenen Ausschreibung des BMBF Richtlinie zur Förderung von Offenen Bildungsmaterialien (Open Educational Resources – OERinfo – das wäre dann die letzte Etappe – bestätigt sich der Eindruck. Zwar ist die Maßnahme Informationsstelle OER als zentrale, gut sichtbare Referenz wichtig und richtig, könnte aber im Vergleich zum OER Research Hub deutlicher auf die für Deutschland typischen Problemlagen (Datenschutz etc.) fokussieren. Die zweite Maßnahme, Sensibilisierung, ist prinzipiell auch nicht zu bestreiten, damit hinkt man aber der internationalen Entwicklung hinterher. So könnte – wenn man das grundsätzliche Bekenntnis des BMBF und der KMK zu OER ernst nimmt – mit zielgerichteter Lobbyarbeit ein deutlicheres Signal gesendet werden.

Bild: Dennis Skley: Made in Germany! 47/365CC BY-NC-ND 2.0 via flickr.com

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