Eine Million Euro für digitale Lehrkonzepte – ein Interview mit Prof. Dr. Kornelia Freitag

Eine Million Euro für digitale Lehrkonzepte – ein Interview mit Prof. Dr. Kornelia Freitag

14.03.19

Bald auch digital an der Ruhr-Universität Bochum?

Das Programm „Digitale Lehre“ fördert Projekte und Vorhaben zur Digitalisierung in Studium und Lehre. Dieses Jahr wurde es mit einer Gesamtsumme von einer Million Euro aus universitätseigenen Mitteln der Ruhr-Universität Bochum gefördert. Wir haben uns mit Prof. Dr. Kornelia Freitag, Prorektorin für Lehre und Internationales, zu Programmstrukturen, Förderprojekten und Fördermöglichkeiten unterhalten und gefragt, welchen Rat sie für die Digitalisierung in der Lehre mitgeben kann.

Tanker

Aus welchen Mitteln haben Sie diese vergleichsweise große Fördersumme freimachen können?

Das Rektorat der Ruhr-Universität Bochum verfügt über einen Strategiefonds, aus dem universitäre Innovationen gefördert werden – in diesem Falle ein strategisch wichtiges Lehrvorhaben. Daraus ergibt sich, dass die Summe nicht einfach so „freigemacht“ wurde. Das Geld fördert Projekte im Rahmen des Universitätsprogramms Digitale Lehre, das wiederum mit dem Senatsbeschluss der Digitalisierungsstrategie für die Lehre im Juli 2018 eingerichtet wurde.

Erlauben Sie mir, etwas auszuholen:

Digitale Lehre ist in Bochum nichts grundsätzlich Neues. Bereits seit 2000 gibt es an der RUB eine zentrale Lernplattform und ab dem Jahr 2005 wurde dann der E-Learning Bereich RUBeL aufgebaut, der heute ein eigener Bereich im Zentrum für Wissenschaftsdidaktik ist. RUBeL hat zahlreiche wichtige und originelle Lehrprojekte begleitet. Besonders wichtig ist hier die Mitarbeit vieler Studierender, die z.B. eigenverantwortlich den seit 11 Jahren jedes Semester stattfindenden Wettbewerb 5×5000 für E-gestützte Lehr-Lernszenarien durchführen. Auch große lehrbezogene E-Projekte im NRW-Maßstab kommen aus Bochum – so der inzwischen von der Bundesanstalt für Arbeit übernommene Studifinder und das Nachfolgeprojekt Studiport. Weiterhin führen wir derzeit ein Konsortium, das für alle Landeshochschulen unter dem Dach der Digitalen Hochschule NRW ein Umsetzungskonzept für ein Online-Landesportal für Studium und Lehre – heureka.nrw – erarbeitet. Dieses wichtige Projekt setzen wir zusammen mit RWTH Aachen, FH Aachen und Hochschule Bochum um.

Inzwischen steht die systematische, fachlich und didaktisch geplante Implementierung und Weiterentwicklung von e-gestützten Lehr-Lernszenarien in allen Studiengängen an. Das ist das Ziel der eingangs erwähnten Digitalisierungsstrategie für die Lehre. In einem stark partizipativen Prozess haben wir das mit allen Mitgliedern und Gremien der Universität über zweieinhalb Jahre gründlich diskutiert. Und jetzt sind wir dabei, auf der Grundlage von Fakultätskonzepten mithilfe der zentralen Mittel aus dem Universitätsprogramm Digitale Lehre diese Entwicklungsaufgabe anzugehen.

Können Sie uns mehr über die geförderten Projekte erzählen?

Der Suchfunktion zuliebe: "Digitale Lehre" Strg + F, Cmd + FSchwerpunkte liegen auf der Umsetzung von Inverted Classroom-Konzepten z.B. für Einführungsveranstaltungen, um eine stärkere Interaktion in der Präsenz sowohl zwischen Lehrenden und Studierenden als auch zwischen den Studierenden untereinander zu ermöglichen. Insbesondere in den Natur- und Ingenieurwissenschaften geht es oft um Lehrvideos, v.a. zur Durchführung von Versuchen und Experimenten. Zahlreiche Projekte zielen auf eine qualitative Verbesserung des Selbststudiums, so das individualisierte Feedback zu in STACK programmierten Mathematikaufgaben, Lernmaterial im Stil eines Adventure-Spiels zu historischen Personen im republikanischen Rom oder Materialien, die die Aneignung spezifischer Forschungsmethoden unterstützen.

Neue Lernumgebungen zu digitalen Fachinhalten entstehen, z.B. ein Fachlabor zu Smarten Apparaten, ein Remote Lab zu Windenergietechnik, wirtschaftswissenschaftliche Simulationsmodelle und eine fakultätsübergreifende Toolbox für Forschungsmethoden der Digital Humanities. Mehrere Fakultäten werden Räume zu VR-Laboren umgestalten, VR-Simulationen im Feld einsetzen oder klassische Seminarräume mit besonders reichhaltiger Medientechnik ausstatten, um z.B. Videokonferenzen als Standardbaustein in der Lehre einsetzen zu können. Einige Fakultäten nutzen die Mittel zur Entwicklung von E-Prüfungen, andere arbeiten systematisch am Transfer von Erfahrungen mit digitaler Lehre innerhalb der Fakultät und erarbeiten fachbezogene Blaupausen für die Gestaltung digitaler Lehrelemente.

Von welchen Projekten werden wir noch hören?

Hoffentlich von vielen, allerdings geht es nicht um didaktische Sensationen, sondern um das Wirken der Projekte in der Breite. Wir zielen auf eine Verbesserung der Qualität der Lehre mit Hilfe der Digitalisierung, wir nutzen sie zur Neu- und Weiterentwicklung innovativer und effektiver Lehre.

Dennoch gibt es natürlich das eine oder andere aufsehenerregende Projekt. Dazu werden wohl vor allem die genannten Projekte zu den digitalen Fachinhalten und zum Einsatz von VR zählen. Übrigens wurde gerade Dr. Markus Piotrowski als Preisträger des diesjährigen ars legendi Fakultätenpreises Mathematik und Naturwissenschaften ausgewählt – als eLearning-Pionier mit einem Kurs zur interaktiven Vermittlung der Grundlagen experimentellen Arbeitens in der Pflanzenphysiologie. Auf solche wegweisenden Projekte an der RUB sind wir stolz.Bald auch digital an der Ruhr-Universität Bochum?

Wie können wir auf dem Laufenden bleiben? 

Wir werden eine Webseite einrichten, auf der wir über Erreichtes berichten. Interessierte werden sich dort in Kürze über die unterschiedlichen Projekte informieren und Kontakt mit den verantwortlichen Lehrenden aufnehmen können. Auch über unser Newsportal und die Twitter-Kanäle informieren wir weiter und nicht zuletzt bloggt das RUBeL-Team aus seinem Alltag.

Welchen Rat möchten Sie unserer Expert*innen-Community mit auf den Weg geben?

Digitalisierung der Lehre ist keine einmalige, keine schnelle und keine billige Sache. Sie muss geplant, kontinuierlich vorangetrieben und finanziell unterstützt werden. Ihr Erfolg lässt sich nicht an der Zahl der VR-Brillen oder der E-Klausuren messen, sondern an der besseren Vorbereitung unserer Studierenden auf die Herausforderungen, die sie nach dem Studium erwarten. Im Endeffekt geht es nicht um Digitalisierung sondern um gute, zeitgemäße Lehre.

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