Design als Schnittstelle zur KI – wie ChatGPT & Co. sinnvoll nutzbar werden

Design als Schnittstelle zur KI – wie ChatGPT & Co. sinnvoll nutzbar werden

02.08.23

Scrreenshot  von einer Unterhaltung mit dem Chatbot, der als fiktiver Social-Media-Manager agiert. Damit werden im Hintergrund weitere fachliche Prompts formuliert, die zu besseren Ergebnissen in diesem Themenbereich führen.

Keine Suchmaschine, sondern Kollaborationstool: Generative KI ist eine Ideengeberin. Das ist der Anspruch an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim, Holzminden und Göttingen (HAWK). Mit der eigens eingerichteten Plattform „HAWKI“ wurde an der Professur für Interaction Design ein Tool entwickelt, das über ein klassisches Chat-Programm hinaus auch eine generative KI umfasst. Die Plattform ist eine Antwort auf die Frage nach dem Umgang mit KI in Lehr- und Lernprozessen und soll künftig mit Hochschulwissen aus u. a. Bibliothek und Bedienungsanleitungen gefüttert werden. In ihrem Artikel stellen die Autoren Prof. Stefan Wölwer, Jonas Trippler und Vincent Timm lernpraktische Anwendungsbeispiele vor. 

Titelbild zum Blogartikel: DESIGN ALS SCHNITTSTELLE ZUR KI – WIE CHATGPT & CO. SINNVOLL NUTZBAR WERDEN. Ein Gastbeitrag von Prof. Stefan Wölwer, Jonas Trippler und Vincent Timm (HAWK). Links: Symbolbild: Zwei Smartphones bilden einen Chat ab. Rechts: Titel des Artikels. Logo: Hochschulforum Digitalisierung.Im Interaction Design forschen und lehren wir an der Schnittstelle von Technologie, Gesellschaft und Design[1]. Die exponentiell wachsenden KI-Systeme der letzten Monate verändern nicht nur diese drei Bereiche nachhaltig. Sie erfordern auch ein tiefgreifendes Design für einen verständlichen und reflektierten Umgang insbesondere mit generativer KI wie ChatGPT (Text) oder Stable Diffusion.

Abbildung der Website auf vier verschiedenen Endgeräten. Dekoratives Bildelement.

In unserem Lehrgebiet Interaction Design im Studienschwerpunkt Digital Environments der HAWK beschäftigen wir uns intensiv mit Interfaces zur Interaktion mit KI-Systemen. So hat Sebastian Münch bereits im Sommer 2022 im Rahmen seiner Bachelor-Abschlussarbeit einen Prototyp auf Basis von GPT-3 entwickelt, der diese KI als methodische Unterstützung zur dialogbasierten Ideenfindung nutzt[2].

Nachdem ChatGPT nun am 30. November 2022 der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wurde, haben wir mit der prototypischen Entwicklung einer möglichen Plattform für den Einsatz an der Hochschule begonnen. Gleichzeitig haben wir uns im Rahmen der AG Digitalisierung unserer HAWK dafür eingesetzt, KI-Systeme als Chance zu begreifen, dabei Verbote zu vermeiden und das Vertrauen in das Handeln unserer Studierenden zu fördern.

 

KI reflektieren und Missverständnisse vermeiden

Für uns Lehrende war es eine große Herausforderung, auf diese rasante Entwicklung zu reagieren. Wie soll es dann erst den Studierenden gelingen, sich auf die radikalen Veränderungen im Studium einzustellen?

Aus unserer Sicht ist es daher sehr wichtig zu wissen, was KI-Systeme leisten und an welchen Stellen sie bereits eingesetzt werden. Neben den oben genannten prominenten Anwendungen wie ChatGPT und Stable Diffusion finden sie sich auch in etablierten Softwaresystemen von z. B. Microsoft und Adobe wieder, die längst flächendeckend Standard in unseren Designprozessen sind.

Ein Missverständnis liegt in der Annahme, dass ChatGPT eine gut funktionierende Suchmaschine ist oder dass bildgebende Werkzeuge wie Stable Diffusion oder Midjourney vermeintlich eigene kreative Kompetenzen haben. Dies birgt die Gefahr, dass KI-Systemen ein Vertrauen entgegengebracht wird, das bisher durch gute wissenschaftliche Praxis oder nachvollziehbare kreative Arbeit zwischen Menschen und ihren Daten aufgebaut wurde.

Eine große Herausforderung besteht darin, dass sowohl Lehrende als auch Lernende eine parallele Entwicklung im Umgang mit aktuellen KI-Werkzeugen durchlaufen. Dies führt dazu, dass die klassische Wissensvermittlung durch Vorlesungen und Literatur nicht mehr ausreicht. Stattdessen sind neue Bildungsmodelle gefragt.

Positive wie negative Eigenschaften des Menschen scheinen einem Beschleunigungsprozess unterworfen zu sein. Neugier und der Wille zum Forschen und Gestalten werden vielfach gestärkt. Tendenzen, auf einfache Antworten und fremde Ergebnisse zu setzen, nehmen zu. Diese Entwicklung, die auch hier im Hochschulforum Digitalisierung thematisiert wird, findet gleichzeitig an den Hochschulen, im privaten und beruflichen Umfeld statt.

Screenshot von einer Unterhaltung mit dem Chatbot. Der Chatbot wird gebeten zu erklären, wer Ludwig Wittgenstein war. Der Chatbot antwortet mit den wichtigsten Daten und Werken des Philosophen.

Die Entwicklung der HAWKI-Plattform

Wenn sich Lehrende und Lernende also gleichzeitig und gemeinsam den Herausforderungen des Einsatzes von KI stellen sollen, dann ist ein sozial barrierefreier und datenschutzkonformer Zugang zu KI-Werkzeugen wie ChatGPT notwendig, um eine reflektierte und selbstbestimmte Position zu diesen Werkzeugen zu finden. Unsere HAWK finanziert daher eine zentrale Nutzung der API von openAI. Die Nutzungsbedingungen von openAI sehen vor, dass Anfragen über die API für 30 Tage gespeichert werden. Diese Daten werden nicht ausgewertet oder zur Verbesserung des LLM (Large Language Model) von openAI verwendet. Sie werden nach Ablauf der 30 Tage gelöscht. Dies ist ein großer Vorteil gegenüber der direkten persönlichen Nutzung von ChatGPT. Die Daten unserer Hochschulangehörigen werden nicht verwendet, um deren Verhalten zu analysieren und das Geschäftsmodell von openAI nachhaltig zu stärken und in der Folge zu monopolisieren.

Basierend auf unseren Recherchen und ersten Tests haben wir eine eigene Schnittstelle entwickelt und darin die API von openAI integriert. Wichtig war dabei, dass nur Hochschulangehörige über das LDAP-System auf diese Schnittstelle zugreifen können. Das bedeutet, dass sich Lehrende und Studierende sowie Mitarbeitende mit der HAWK-Hochschulkennung auf der Plattform anmelden. Diese Kennung wird nur zu Verifizierungszwecken verwendet. Nach der Anmeldung werden keine personenbezogenen Daten an openAI übermittelt. Vielmehr treten alle Nutzerinnen und Nutzer der HAWKI als eine Einheit auf.

Nach dem ersten Login erscheint der Hinweis, dass keine personenbezogenen Daten, d. h. alle Informationen, die sich auf eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person beziehen, an openAI gesendet werden. Dieser Hinweis schließt sich erst nach Bestätigung durch die nutzende Person. Auf unserer Plattform werden keine Gesprächsverläufe gespeichert. Diese befinden sich für die Dauer der Sitzung auf dem jeweiligen lokalen Gerät. Es werden auch keine Daten über die Häufigkeit und Dauer von Logins erhoben und gespeichert.

Bei der Entwicklung des Interfaces war es von großer Wichtigkeit, alle datenschutzrechtlichen Themen frühzeitig mit den Kolleg:innen des Datenschutzes und des Datenschutzmanagements zu besprechen. So konnten wir die notwendige Unterstützung und Beratung erhalten, die dann auch das Präsidium überzeugt hat, die Plattform zu fördern und für den Einsatz an der HAWK zu empfehlen.

Scrreenshot von einer Unterhaltung mit dem Chatbot, der als fiktiver Social-Media-Manager agiert. Damit werden im Hintergrund weitere fachliche Prompts formuliert, die zu besseren Ergebnissen in diesem Themenbereich führen.

KI-Systeme als Ergänzung im interdisziplinären Team

Die in diesem Beitrag genannten und andere KI-Systeme sind kein Ersatz für reflektiertes kreatives Arbeiten und wissenschaftlich-forschendes Argumentieren. Vielmehr stellen sie weitere Entitäten in der Gruppe aller am Gestaltungsprozess Beteiligten dar, deren Ergebnisse immer wieder hinterfragt und überprüft werden müssen und die uns Menschen helfen, unser eigenes Handeln zu reflektieren. Wer sich also nicht die Mühe machen will, die Funktion und Wirkungsweise von KI-Systemen zu verstehen, sollte auf deren Einsatz ebenso verzichten wie diejenigen, die nicht bereit sind, ihren Entwurfsprozess transparent zu machen.

 

Die nächsten Schritte

Diesen Teamgedanken möchten wir mit einem Bereich für gemeinsame Gruppenchats fördern. Dies soll einerseits eine niederschwellige Möglichkeit für Studierende sein, sich in verschiedenen Projekten zu organisieren. Zum anderen besteht in jedem Gruppenchat auch die Möglichkeit, ChatGPT zu nutzen, um verschiedene Ideen zu diskutieren und zusammenzufassen, Synergien zu finden oder auch Gesprächsverläufe zu protokollieren. Darüber hinaus erhoffen wir uns durch den kollaborativen Dialog mit ChatGPT einen gegenseitigen Wissens- und Erfahrungsaustausch. Studierende, die bereits Erfahrung im Umgang mit KI-Tools haben, können diese hilfreich an diejenigen weitergeben, die sich zum ersten Mal damit beschäftigen.

Ferner sehen wir auch ein großes Entwicklungspotenzial für die Hochschulstruktur und -bibliothek. Durch eine Custom Knowledge Base, also eine mit Daten der Hochschule gefütterte Vektordatenbank, wäre es möglich, über HAWKI auf unser Hochschulwissen zuzugreifen. Dies würde eine erhebliche Entlastung der verschiedenen Verwaltungsbereiche bedeuten, da z. B. die Studierenden viele generische Fragen über unsere Plattformen klären könnten.

So wollen wir mit unserer Plattform alle unterstützen, die KI-Systeme studieren und verstehen wollen, um sie dann gewinnbringend und nutzbringend für die Menschen und ihre Lebenswelten einzusetzen.

 

HAWKI als Open Source

Wir haben uns entschieden, HAWKI als Open Source auf GitHub zur Verfügung zu stellen, da wir noch sehr viel Potential und viele Möglichkeiten in der Weiterentwicklung sehen, die wir alleine nicht umsetzen können. Außerdem sind wir als Interaction Designer der Meinung, dass eine solche Plattform im Bildungsbereich nicht kommerzialisiert werden sollte und allen Hochschulen zur Verfügung stehen sollte, damit sich alle Menschen im Bildungsbereich mit den Technologien und ihren Implikationen auseinandersetzen können.

 

HAWKI im Video

#HAWKI – Design als Interface zur KI from HAWK Digital Environments on Vimeo.

 

Verweise

[1] Vgl.: Wölwer, S. (2016) „Was ist eigentlich Interaction Design?“, in: PAGE-online (URL: <https://page-online.de/branche-karriere/was-ist-eigentlich-interaction-design/>, zuletzt aufgerufen: 27.07.2023).

[2] Vgl.: Münch, S. (2022) „Holistic AI – Brainstorming mit KI“, (URL: <https://projekte.g.hawk.de/projekt/62eacaddda083>, zuletzt aufgerufen: 27.07.2023).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

This site is registered on wpml.org as a development site.