AG Digitale Souveränität
In der AG Digitale Souveränität steht die Frage im Mittelpunkt, wie deutsche Hochschulen mehr Hoheit über ihre eigene digitale Infrastruktur, IT-Lösungen sowie Daten erlangen können, um damit unabhängiger gegenüber externen Anbietern zu werden.
Im Rahmen einer Arbeitsgruppe betreut das HFD diesen Think-Tank mit dem Themenschwerpunkt „Digitale Souveränität“, welcher insbesondere den Facettenreichtum dieses Begriffes und die Herausforderungen, die sich daher für Hochschulleitungen bei strategischen Ausrichtungen ergeben, sichtbar machen will: Die Abhängigkeit von gewinnorientierten privatwirtschaftlichen Anbietern in der digitalen Infrastruktur, Datensicherheit und Datenschutz, die Kontrolle über (eigene) Daten, die Fähigkeit der Angestellten, mit Daten sicher umzugehen. Diese und weitere Aspekte bilden Perspektiven und Fragestellungen um den Begriff der Digitalen Souveränität. Die Verwendung des Begriffes nimmt zu und Länder wie Hochschulen finanzieren zahlreiche Projekte zur Selbstaktivierung und zur Eruierung von Aktionsfeldern. Der Diskurs um die Begrifflichkeit steht dabei weiterhin am Anfang und eine gemeinsame Strategie oder nur eine Einigung, worüber zu reden sei, ist unmittelbar kaum absehbar. Eine kritische Auseinandersetzung mit Hochschulstrategien und der Frage nach Entscheidungsverantwortung und Handlungsbedarfen soll zu Aufklärung und Empfehlungen für die hochschulpolitische Entscheiderebene führen, damit langfristig die Hochschulen die Hoheit über ihre eigenen Daten erlangen können.
Hintergrund
Schon vor der Corona-Pandemie war das Thema „Digitale Souveränität“ im Hochschulbereich virulent und wurde im Hochschulforum Digitalisierung (s. Abschlusserklärung der HFDcon 2019) zeitig aufgegriffen.
Auch in diesem Punkt hat die Pandemie als Katalysator gewirkt und vorhandene Probleme sichtbarer werden lassen. Hierzu gehört, dass sich mit der erzwungenen Umstellung auf digitale Lehre innerhalb weniger Wochen zeigte, dass nur wenige Hochschulen in Deutschland die Serverkapazitäten für videobasierte Fernlehre im Vollbetrieb besaßen. Ebenso blieben und bleiben datensouverän-selbstgehostete Open-Source-Lösungen die Ausnahme. Stattdessen verstärkte sich die Abhängigkeit und Nutzung von externen proprietären Angeboten, etwa im Hinblick auf Videokonferenz-Tools.
Gleiches galt und gilt für kollaborative Office- und Sync & Share-Software: Hier wurde in vielen Fällen auf proprietäre und damit aus dem Blickwinkel des Datenschutzes kritische, marktdominierende Anbieter gesetzt. In Bezug auf datenschutzkonforme und sichere IT-Lösungen und -Infrastrukturen konnten einzelne Hochschulen bislang nur lokale Lösungen anbieten. Auch Hochschulverbünde stoßen an Grenzen, wollen ihre Lösungen auch außerhalb des eigenen Verbunds nutzen oder nutzbar machen.
Insgesamt zeigt sich die Notwendigkeit, die weiter manifestierende Abhängigkeit digitaler Infrastruktur und Lösungen an deutschen Hochschulen aufzubrechen und in verstetigte Lösungen zu überführen bzw. Alternativen mitzudenken. Datenschutzkonforme und sichere IT-Lösungen sind auch vor dem Hintergrund wesentlich, dass durch den in Zukunft weiter zunehmenden Einsatz von Algorithmen und KI (Learning Analytics) noch mehr zu schützende Daten anfallen. Auch der „digitalisierte Europäische Hochschulraum wird wesentlich ein Bildungsdatenraum sein“ (J. Lentsch; 2021).
Ziel
Der Think-Tank „Digitale Souveränität“ möchte dazu beitragen, gemeinsame Lösungskonzepte bzw. Alternativen zu bisherigen Lösungen zu entwickeln, die die Hochschulen in die Lage versetzen, die Souveränität über die eigene digitale Infrastruktur und Daten zu fördern und damit unabhängiger gegenüber externer Anbieter zu sein. Durch eine eigene Studie soll der Versuch unternommen werden, die zahlreichen Aspekte der Digitalen Souveränität zu clustern, ihre Gewichtung und Häufigkeit zu benennen und einen Beitrag zum Begriffsdikurs zu leisten. Die Studie erscheint im Sommer 2023.
Das anschließende Abschlusspapier der AG richtet sich gezielt an die strategische Ebene der Hochschulen und die bildungspolitische Entscheiderebene. Einzelbeiträge von AG-Mitgliedern ermöglichen Zugänge in die komplexe Materie digitaler Souveränität.
Mitglieder der AG Digitale Souveränität
Prof. Dr. Joachim Metzner (AG-Vorsitzender)
1989−2012 Rektor/Präsident der damaligen Fachhochschule Köln; Leitung des Netzwerks Hochschullehre im HFD; 2008−2014 Vizepräsident der HRK, mit dem Aufgabengebiet Digitale Infrastruktur
Malte Dreyer
Direktor, Computer- und Medienservice der Humboldt-Universität zu Berlin; Sprecher des ZKI AK Strategie und Organisation
Kornelis Kater
Leiter des Teams ZQS/E-Learning Service an der Leibniz Universität Hannover, Vorstand von Stud.IP e.V., Vertreter der Initiative Open Source
Boguslaw Malys
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Initiative für Netzwerkinformation e.V.; Leiter des Multimediazentrums Brandenburgische Technische Universität Cottbus- Senftenberg
Jens Andreas Meinen
Kanzler der Universität Duisburg-Essen
Felix Sühlmann-Faul
Techniksoziologe, Speaker, Berater und Autor mit Spezialisierung auf Digitalisierung und Nachhaltigkeit
Prof. Dr. Karin Vosseberg
Professorin in den Bachelorstudiengängen Informatik und Wirtschaftsinformatik sowie dem Masterstudiengang Digitalisierung, Innovation und Informationsmanagement an der Hochschule Bremerhaven
Prof. Dr. Ramin Yahyapour
Geschäftsführer der GWDG, einer gemeinsamen Einrichtung der Georg-August-Universität Göttingen und der Max-Planck-Gesellschaft; Professor für Praktische Informatik an die Georg-August-Universität Göttingen
Dr. Norbert Kleinefeld
Verbundkoordinator SOUVER@N und Geschäftsführer ELAN e.V.
Dr. Justus Lentsch
Referatsleiter im Ministerium Wissenschaft, Forschung, Kunst, Baden-Württemberg