Interview: Rückschau und Ausblick zur Community of Practice

Interview: Rückschau und Ausblick zur Community of Practice

15.12.20

Eine Grafik die ein Netzwerk zwischen Laptops herstellt. Soll die Community of Practice symbolisieren.

„Starthilfe für das Corona-Semester – FernUni-Expert*innen unterstützen“: so lautete das Motto der Community of Practice, die das Hochschulforum Digitalisierung gemeinsam mit der FernUniversität Hagen zu Beginn des Sommersemesters ins Leben gerufen hat, um bei der kurzfristigen Verlagerung der Lehre ins Digitale zu unterstützen. Wir wollen von den Initiator*innen des Angebots wissen: Wie hat die Community of Practice gearbeitet und wie soll es im nächsten Semester weitergehen? Auf unsere Fragen geantwortet haben Dr. Annabell Bils, Referentin für Hochschulstrategie und Digitalisierung, und Nicole Engelhardt, Leiterin der Koordinationsstelle für E-Learning und Bildungstechnologien, von der Fernuni Hagen. 

Wie kam die Idee zur Community of Practice auf?

Dr. Annabell Bils: Für Hochschulen hatte der Ausbruch der Corona-Pandemie zur Folge, dass vielerorts erstmalig die Lehre komplett digital umgestellt werden musste. Auch das Campusleben wurde ins Digitale verlagert – und das war gerade aufgrund der Kurzfristigkeit für viele Präsenzhochschulen eine technische, aber auch didaktische Herausforderung. Gerade diejenigen, die unmittelbar an der Lehre beteiligt sind, mussten sich im Prinzip von heute auf morgen umstellen. Das haben sie gemacht, indem sie relativ spontan neue Formate ausprobiert haben, Alternativen zur analogen Lehre gesucht haben, sie haben getestet, verworfen, weiterentwickelt. Oftmal wurde auch einfach nur versucht, die Präsenzveranstaltungen ins Digitale zu übertragen, also das, was sich analog bewährt hatte, zu digitalisieren. Solche Ansätze haben dann mehr oder weniger gut funktioniert.

Unsere Beobachtung war: Bei all diesen Bemühungen war häufig der vielleicht größte Wissensvorrat nur schwer oder gar nicht zu erreichen, nämlich die Erfahrungen, die an anderen Hochschulen, von Lehrenden, Verantwortlichen und Studierenden bereits gemacht worden sind. Wir an der FernUniversität in Hagen blicken auf langjährige Erfahrung im Bereich der asynchronen und virtuellen bzw. hybriden Lehre zurück. Über den Prorektor für Weiterbildung, Transfer und Internationalisierung, Prof. Dr. Uwe Elsholz, kam die Idee auf, eine Community of Practice ins Leben zu rufen. Und da kam das HFD ins Spiel, das erfahren ist im hochschulübergreifenden Vernetzen. So haben wirbeschlossen, in einem gemeinsamen Projekt Lehrenden auf Augenhöhe konkrete Starthilfe im ersten “Corona-Semester” anzubieten und der Lehr-Community ein Forum zum Austausch untereinander einzurichten, wobei wir auf die Strukturen des HFDnet zurückgreifen konnten.

Wie hat die Community of Practice gearbeitet?

Nicole Engelhardt: Uns war es wichtig, die Unterstützung und die Erfahrungen anzubieten, die akut gebraucht wurden. Um das herauszufinden, haben wir eine Kick-off-Veranstaltung im April angeboten. Wir haben unter den Teilnehmenden die wichtigsten Themen erfragt, priorisiert und damit Schwerpunkte herausgearbeitet. Auf Basis dieser Schwerpunkte haben wir auf HFDnet, der Austausch-Plattform des HFD, themenspezifische Gruppen für die Community of Practice eingerichtet und diese moderiert. Teilnehmer*innen erhielten hierüber die Möglichkeit, sich auch unabhängig von Veranstaltungen direkt auszutauschen und praktische Hinweise zu geben. Anhand der Fragestellungen und Diskussionen konnten wir feststellen, wo der Schuh gerade am stärksten drückt. So hat sich sehr früh das Thema Prüfungen als heißes Thema herausgestellt. Wie lassen diese sich nun unter Corona-Bedingungen umsetzen? Innerhalb der FernUniversität haben wir dann geschaut, welche Erfahrungen wir zu dem Thema haben, mögliche Referenten angesprochen und kurzfristig eine weitere Live-Veranstaltung angeboten, über die wir unser Wissen geteilt und die Beantwortung von Rückfragen ermöglicht haben. Dieses Format kam so gut an, dass wir daraus eine Reihe entwickelt haben.Eine Grafik die ein Netzwerk zwischen Laptops herstellt. Soll die Community of Practice symbolisieren.

Was waren thematische Schwerpunkte?

Nicole Engelhardt: Die Fragen und Anliegen der Community waren sehr vielfältig. Am Anfang haben wir einen regen Austausch insbesondere beim Thema Prüfen wahrgenommen, da viele Prüfungen noch aus dem Wintersemester nachgeholt werden mussten und es dafür zügige Lösungen brauchte. Auch der Austausch und die Kommunikation zwischen Lehrenden und Studierenden spielte eine Rolle. Diskutiert wurde z. B., wie sich Studierende einbeziehen lassen, wie das digitale Lehrangebot barrierefrei und inklusiv gestaltet oder wie das Lernen über die Distanz hinweg online gut betreut werden kann. Es gab aber auch einen großen Bedarf an Support für Lehrende, beispielsweise hinsichtlich der Frage wie sich Lehrinhalte digital umsetzen lassen. Wie schon erwähnt, haben wir einige dieser Themen aufgegriffen und Live-Events dazu angeboten. Daraus entstanden ist eine kleine Reihe zu den Themen „Open Book Klausuren in der Rechtswissenschaft“, „Digitale Barrierefreiheit“, „Effektive Online-Lehre“ und „Hybride Formate“, deren Aufzeichnungen weiterhin angeschaut werden können. 

Wie lautet das Fazit nach einem Semester Community of Practice? 

Dr. Annabell Bils: Die “Starthilfe” ist auf große Resonanz gestoßen. Gerade die themenspezifischen Online-Sessions haben großes Interesse geweckt und zu Diskussionen angeregt, die auch im HFDnet weitergeführt worden sind. Teilweise wurden Themen hier eigenständig weiterentwickelt, beispielsweise entsteht gerade sozusagen als Spin-off der Community of Practice eine Blogreihe zu digitaler Barrierefreiheit.

Wir haben aus der Community auch die Rückmeldung bekommen, dass ein wesentlicher Aspekt das Gefühl der Gemeinschaft war. Die gemeinsame Bewältigung des Corona-Semesters ist in unseren Feedback-Umfragen immer wieder hervorgehoben worden. Das hat uns gezeigt, dass die ad-hoc-Umstellung des Hochschulbetriebs neben den allgemeinen Belastungen, die mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie einhergingen, für viele Teilnehmende eine einschneidende Erfahrung ist, mit der sie sich teilweise auch alleine gelassen fühlten. Im Kern standen Lehrende und Studierende jedoch an allen Hochschulen vor den gleichen Herausforderungen. Die Community of Practice konnte dazu beitragen, das Bewusstsein hierfür zu schärfen und Wege aufzuzeigen, die aktuellen Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen. Inzwischen glauben wir, dass die Hochschulen für sich gute Wege gefunden haben – und das war ja der Sinn von “Starthilfe” .

Gibt es Pläne die Community of Practice im Wintersemester fortzuführen? 

Nicole Engelhardt: Zunächst bestand ja die Hoffnung, das erste Corona-Semester könnte eine einmalige Ausnahme bleiben, aber inzwischen ist klar, dass die meisten Hochschulen auch im kommenden Semester auf digitale oder zumindest hybride Formen der Lehre setzen werden. Daher möchten wir auch weiterhin ein Angebot zur Unterstützung hierbei aufrecht erhalten.

Dr. Annabell Bils: Ja, und das hängt mit dem Punkt gerade zusammen. Weil wir merken, dass die “Starthilfe” nicht mehr gebraucht wird und an den Hochschulen inzwischen viele großartige eigene Formate und Settings entstanden sind, gleichzeitig aber nach wie vor der Wunsch nach Vernetzung da ist, würden wir die Community of Practice gern erweitern und unter einen etwas anderen Fokus stellen: Aus unserer Sicht sollte das Motto der Community of Practice nicht mehr “FernUni-Expert*innen unterstützen” lauten, sondern “Community-Expert*innen unterstützen” – weil es mittlerweile vielfältige gute Beispiele und Ansätze gibt.

Nicole Engelhardt: Auch für uns war der Austausch in der Community of Practice lehrreich, wir haben erneut gesehen, an wievielen Orten Lehrende und Studierende mit großem Engagement das Thema digitale Lehre voranbringen. Deshalb ist die Fortsetzung unter dem neuen Titel für uns alle ein großer Gewinn.

Wer kann sich als Referent*in für das Wintersemester bewerben? 

Dr. Annabell Bils: Jede*r mit Ideen und Erfahrungen rund um die digitale Lehre, die anderen als Impuls oder Vorbild dienen können.

Nicole Engelhardt: Worin unterscheidet sich die Planung für ein digital durchgeführtes Seminar von einem “analogen”? Wie lässt sich der Lernfortschritt von Studierenden im Blick behalten, wenn man sich seltener trifft? Wie können durch den Austausch mit Kolleg*innen Synergieeffekte bei der Vorbereitung der Lehre erzielt werden? Solche und viele andere Fragen beschäftigen aktuelle viele Lehrende. Von Einblicken in ganz konkrete Lehrpraktiken bis zu Überblicken über größere Zusammenhänge – wir freuen uns über ihre Beiträge im Rahmen der Community of Practice!  

Vielen Dank für das Gespräch!

Sie sind neugierig geworden auf die Community of Practice und möchten sich mit anderen Lehrenden austauschen? Sie haben Themenvorschläge, die Sie in der Community diskutieren und weiterentwickeln wollen? Hier finden sie ein Formular, um ihre Idee mit uns zu teilen! 

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