Mündigkeit in einer digitalen „Wissens-Welt“ durch Bedienung des naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinns

Mündigkeit in einer digitalen „Wissens-Welt“ durch Bedienung des naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinns

13.05.19

Einstein und Digitalisierung?

Albert Einstein prägte mit seiner Relativitätstheorie und Arbeit zur Quantenmechanik unser heutiges Weltbild – was hätte er zur Digitalisierung zu sagen? Dr. Tobias Roth und Stefanie Schaus erörtern unter Bezug auf physikalische Theorien und Methodik mögliche Antworten. In ihrem Gastbeitrag zur Ad-hoc AG Hochschulbildung für das digitale Zeitalter im europäischen Kontext diskutieren sie auch, wie Meinungsbildung in einer digitalen „Wissens-Welt“ gelingen kann und zeigen auf, welchen Werkzeugkasten die naturwissenschatftliche Bildung hierfür mitbringt.

Einstein und Digitalisierung?

Albert Einstein, eine Ikone der Physik und Genius der Wissenschaften, feierte in diesem Frühjahr seinen 140. Geburtstag. Gleichzeitig – und das mag wohl erst das Faszinosum abrunden – wusste er seine Fähigkeiten und Popularität mit großer Sorgfalt und Verantwortung einzusetzen. So trat er zeitlebens für die Völkerverständigung ein und warnte als bekennender Pazifist vor den existenziellen Gefahren der Atombombe, Gefahren wie sie gegen Kriegsende in Hiroshima und Nagasaki zur unfassbaren Realität wurden (vgl. Albrecht Fölsing: Albert Einstein – eine Biographie, Suhrkamp, 1. Aufl. (1993)). Um Chancen und Risiken einer (neuen) Technologie einzuschätzen, bedarf es daher eines mit Weitblick gepaarten Verantwortungsbewusstseins.

Aufwachsen und verantwortliches Handeln in einer digitalen „Wissens-Welt“

Ein wichtiger Aspekt in der aktuell geführten Bildungsdebatte richtet den Blick auf ethische Fragen im Kontext der Digitalisierung (u.a. VDI-Nachrichten, 15. Februar 2019, Nr. 7, S. 6, 7). Dieser Blogbeitrag unternimmt den Versuch, aus fundamentalen Prinzipien der Physik heraus, Einsichten für die Persönlichkeitsentwicklung, Meinungsbildung und für ein verantwortliches Handeln in unserer heutigen „Wissens-Welt“ zu übernehmen. Dabei handelt es sich keineswegs um logische Schlüsse mit wissenschaftlicher Beweiskraft, sondern vielmehr um das Aufzeigen einiger verblüffender Analogien, die – ruft man sich in Erinnerung, dass die Naturwissenschaft aus der antiken Philosophie entsprungen ist – vielleicht gar nicht mehr so überraschend sind.

Mit dem Aufkeimen moderner Medien, insbesondere des World Wide Web, und der davon ausgelösten permanenten Informationsflut hat sich unsere Kommunikation (oder sollte man eher von Konsum sprechen?) stark verändert. Ist der Mensch aufgrund seiner natürlichen Anlagen eines sozial agierenden Wesens überhaupt für eine digitale Revolution gewappnet oder entfremdet er sich eher von den Mitmenschen, der Natur und letztlich von sich selbst? Während der kognitiven Entwicklung des Menschen wächst das Kleinkind durch eine mentale wie physische Auseinandersetzung mit der Umwelt heran, indem neue Erfahrungen gesammelt, mit dem bestehenden Wissen abgeglichen und letzteres neu einjustiert wird. Auf diese Weise entsteht mit der Zeit eine Gewissheit des Subjekts über sich selbst und die Welt; die Fähigkeit zur unabhängigen Meinungsbildung, sprich Mündigkeit, prägt sich aus. Man kann also sagen, dass die menschliche Entwicklung aus einer ständigen Interaktion mit der eigenen Umwelt resultiert. Doch wie sieht diese Interaktion in einer zunehmend digitaler werdenden „Wissens-Welt“ aus?

Actio gleich Reactio – gilt das auch für Algorithmen?

Um uns der Kernfrage zu nähern, wie die Digitalisierung auf die Entwicklung des Individuums (oder der Menschheit als Ganzes) einwirkt, wagen wir einen Bezug zum 3. Newtonschen Axiom. Letzteres besagt, dass jede Kraft eine gleichgroße und entgegengesetzt gerichtete Gegenkraft hervorruft (kurz: actio gleich reactio). Zur Veranschaulichung eignet sich der zentrale Stoß von zwei identischen Stahlkugeln (siehe Abb. 1), wobei sich die erste Kugel auf die zweite, ruhende Kugel zubewege. Nach dem Stoß tauschen die beiden Körper ihre Rolle aus: Die erste Kugel bleibt liegen, nachdem sie ihren gesamten Impuls und Bewegungsenergie auf die zweite Kugel übertragen hat, die sich ihrerseits nach dem Stoß weiterbewegt. Beide Kugeln hinterlassen also eine Wirkung auf den jeweiligen Stoßpartner.

Die Anwendung des beschriebenen naturwissenschaftlichen Prinzips auf die zwischenmenschliche (sei es die verbale oder nonverbale) Kommunikation erscheint nur im ersten Moment bizarr: Auch hier wirken die Gesprächspartner, und zwar bewusst oder unbewusst, aufeinander ein, was zwangsläufig eine Veränderung in der mentalen Konstitution (wie etwa über Spiegelneuronen vermittelt) herbeiführt. Beim Nicht-Vorhandensein eines menschlichen Gegenübers besteht nun die Gefahr, dass ein kritisches Korrektiv, auf das es sich einzulassen gilt, wegfällt. Das Verhalten eines menschlichen Individuums als Gesprächspartner weicht also i.d.R. deutlich von den Algorithmen moderner Suchmaschinen ab, die verbreitete Meinungsbilder in High-Score-Treffern selbstverstärken, wohingegen gleichberechtigte aber andersartige Meinungen, gelegentlich sogar bessere Ideen, die digitale Blase nicht durchdringen. In der Natur(-Wissenschaft) würde man bei der beschriebenen Selbstverstärkung von einer Kettenreaktion sprechen. Ein intelligenter Vorgang, wozu gerade die Meinungsbildung zählen sollte, zeichnet sich jedoch dadurch aus, dass an jeder Weggabelung eine von der Vorprägung weitgehend unabhängige Entscheidung getroffen werden kann. Allerdings wird die Frage, inwiefern die (menschliche) Evolution eine zielgerichtete und dem Faktor

Zufall unterliegende Lotterie aus Versuch und Irrtum oder von der genetischen Vorgeschichte bestimmt ist, im Rahmen der Kontingenz- und Konvergenztheorie durchaus kontrovers debattiert (siehe auch Zachary D. Blount: Evolution zwischen Zufall und Wiederholung, Spektrum der Wissenschaft, 3.18, S. 38-47). Es sei dem Leser überlassen, sich die Entwicklung eines heranwachsenden Kindes, das ausschließlich mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) kommuniziert, vorzustellen. Zugegebenermaßen würde mit diesem hypothetischen Gedankenexperiment eine unsachliche Zuspitzung betrieben; es dient lediglich zur Verdeutlichung der beiden Pole auf einer Skala, die von einer rein natürlichen bis zu einer vollkommen technisch-gesteuerten Kommunikation aufgespannt wird. Passend zum hier andiskutierten, sensiblen Themenkomplex, formuliert die von der Europäischen Kommission eingesetzte High-Level Expertengruppe Künstliche Intelligenz in ihren kürzlich veröffentlichten „Ethics guidelines for trustworthy AI“ sieben Schlüsselerfordernisse Künstlicher Intelligenz.

Individuum und Umwelt – untrennbar verbunden im Gesamtsystem?

Kehren wir wieder zur Physik zurück: Aufgrund des 3. Newtonschen Axioms, und entgegen den Erzählungen des Lügenbarons Münchhausen, ist es bekanntlich unmöglich, sich am eigenen Schopfe auf dem Sumpfe zu ziehen. In anderen Worten: Um sich selbst zu bewegen, muss sich das Individuum mit (oder entgegen) der Umwelt bewegen. Insofern bildet der Mensch ein Teil des Gesamtsystems Universum. Im Übrigen erfuhr die eben angesprochene, noch auf klassisch-materialistischen Vorstellungen beruhende, Verbundenheit mit dem Universum in der Quantenmechanik eine spannende wie wissenschaftlich akzeptierte Neuinterpretation (Kopenhagener Deutung der Quantenphysik), was sich mit dem Doppelspaltexperiment veranschaulichen lässt (siehe Abb. 2). Im Experiment trifft ein Laserstrahl auf eine feine Struktur von zwei parallel angeordneten Spalten. Auf dem Projektionsschirm dahinter entsteht ein charakteristisches Beugungsmuster, dessen Intensität eine für die Geometrie des Doppelspaltes und die Eigenschaften der Lichtquelle typische Verteilung zeigt. Angetrieben durch die wissenschaftliche Neugier könnte man nun versuchen herauszufinden, durch welchen der beiden Spalte ein vom Laser ausgesendetes Lichtteilchen (Photon) tritt und den Weg zum Schirm nimmt. Doch unabhängig davon, wie raffiniert die experimentelle Detektion auch erfolgt, ein derartiges Unterfangen ist ganz grundsätzlich zum Scheitern verurteilt. Denn, sobald man der Natur in die Karten schaut, verschwindet plötzlich das typische Lichtmuster auf dem Schirm. In diesem Sinne wird anerkannt, dass der Beobachter nicht vom experimentellen Gesamtsystem abgetrennt werden darf, sondern selbst ein beeinflussender Bestandteil dessen ist. Über dieses hinlänglich bekannte Phänomen philosophierten bereits der berühmte Atom- und Quantenphysiker Anton Zeilinger mit dem Dalai Lama (siehe beispielsweise).

Sich der Systemgrenzen und Bezugspunkte der Beschreibung bewusst sein

Neben dem Wechselwirkungsgesetz bildet der Energieerhaltungssatz, wonach die Energie (innerhalb der Heisenbergschen Unschärferelation) in einem Gesamtsystem erhalten bleibt, eine Grundfeste der Physik. Dabei liegt die Krux in der Definition des Gesamtsystems; denn sind die Systemgrenzen zu eng gesteckt, wird der Energieerhaltungssatz scheinbar verletzt. Um beim Beispiel mit den beiden stoßenden Stahlkugeln aus Abbildung 1 zu bleiben, liegt ein Trugschluss vor, wenn die Energiebilanz von lediglich einer Kugel herangezogen wird, da in diesem Fall die Energie entweder plötzlich verschwindet, oder aus dem Nichts auftaucht. Erst bei der Berücksichtigung beider Körper ist das Gesamtsystem vollständig erfasst und die Energieerhaltung erfüllt.

Im Kontext einer gesellschaftlich geführten Debatte ist gleichermaßen darauf zu achten, ob Informationstiefe und Umfang der abgeleiteten Konsequenzen tatsächlich ausreichen oder ob eine holistische Betrachtungsweise ehrlicher ist. Beispielsweise mögen Elektroautos lokal die CO2-Emission reduzieren, doch ziehen wir die Systemgrenzen weiter und betrachten die Auswirkungen dieser Technologie in ganzheitlicher Weise, entsteht auch bei dieser Art von Mobilität ein komplexes ökologisches, ökonomisches wie gesellschaftliches Abhängigkeitsgefüge. Gleichzeitig muss man sich über die einfließenden Nebenbedingungen und Annahmen im Klaren sein, die eine Pauschalisierung ausschließen. Die Naturwissenschaft arbeitet regelmäßig mit Annahmen, um damit die Voraussetzungen für den Gültigkeitsbereich der oft nur eingeschränkt formulierbaren Naturgesetze zu schaffen. Im obigen Beispiel setzt eine „saubere“ Elektromobilität freilich die Annahme von einer in Summe vergleichsweise klimaneutral produzierten sowie betriebenen Fahrzeugen voraus.

Zugegebenermaßen mag in den Naturwissenschaften die Suche nach der objektiven Wahrheit im Vergleich zur gesellschaftlichen Realität (fast) trivial erscheinen. Trivial deshalb, da der abstrakte Rahmen der Wissenschaften nach Objektivität und Reproduzierbarkeit verlangt, die das Individuum mit seinen vielfältigen Bedürfnissen und Emotionen strikt ausklammert. Allerdings wissen wir seit der Relativitätstheorie, dass letztlich kein absoluter Raum (oder keine absolute Wahrheit?) existiert, sondern dessen Eigenschaften vom gewählten Bezugssystem abhängig sind. Wir wollen die dahinterstehende naturwissenschaftliche Methode, die doch sehr der Hegelschen Dialektik von These, Antithese und Synthese nahekommt, an einem einfachen Beispiel klarmachen: Als Europäer könnte man behaupten, alle Einwohner Australiens stünden auf dem Kopf (These). Sobald man den Perspektivwechsel vollzieht, gelangt man nämlich zu der völlig gleichberechtigten Aussage (Antithese), dass aus der Sicht eines Australiers alle Einwohner des europäischen Kontinentes Kopf stünden. Der scheinbare Widerspruch löst sich in Wohlgefallen auf, indem beide Sichtweisen zur Synthese vereint werden. Im konkreten Fall gelingt dies dadurch, wenn die Perspektive relativ zum Erdmittelpunkt (als den die Gravitationskraft auszeichnenden Bezugspunkt) eingenommen wird. Ein ebensolcher Perspektivwechsel erforderte der Übergang vom geozentrischen zum Kopernikanischen Weltbild – ein wissenschaftshistorisches Paradebeispiel mit all seinen tiefgreifenden religiös-gesellschaftlichen Begleiterscheinungen.Was denken die klugen Köpfe über die Digitalisierung?

Mündigkeit und gesellschaftliche Verantwortung in naturwissenschaftlicher Forschung und Lehre

Ein Blick auf die Geschichte der Physik offenbart, dass sie voll von Brüchen mit dem bisher vermeintlichen Wissen (oder der bis dato gültigen objektiven Wahrheit) ist, die oft genug einen Paradigmenwechsel erzwangen. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden mit dem Einsteinschen Relativitätsprinzip und der Quantenmechanik zwei bis heute bestehende Theoriegebäude gezimmert, die das bisherige Weltbild zwar grundlegend erschütterten, aber ihm gleichzeitig zu einem radikalen Fortschritt verhalfen. Von einem Naturwissenschaftler wird deshalb die Fähigkeit zur kritischen Distanz gegenüber dem eigenen Fach eingefordert. So heißt es etwa in der Denkschrift „Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) (2013, ergänzte Aufl., Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim, S. 40): „Forschung als Tätigkeit ist Suche nach neuen Erkenntnissen. Diese entstehen aus einer stets durch Irrtum und Selbsttäuschung gefährdeten Verbindung von Systematik und Eingebung. Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und gegenüber anderen ist eine Grundbedingung dafür, dass neue Erkenntnisse – als vorläufig gesicherte Ausgangsbasis für weitere Fragen (46) – überhaupt zustande kommen können. „Ein Naturwissenschaftler wird durch seine Arbeit dazu erzogen, an allem, was er tut und herausbringt, zu zweifeln, … besonders an dem, was seinem Herzen nahe liegt“ (47). Forschung im idealisierten Sinne ist Suche nach Wahrheit. Wahrheit ist unlauteren Methoden kategorial entgegengesetzt. […] Forschung geschieht heute fast durchweg mit Blick auf einen engeren (innerwissenschaftlichen) und weiteren (gesellschaftlichen) sozialen Kontext: Forscherinnen und Forscher sind in der Zusammenarbeit wie im Wettbewerb aufeinander angewiesen. […]“ Dem bleibt nichts hinzuzufügen.

Die Bedeutung naturwissenschaftlicher Methodik in einer unübersichtlichen „Wissens-Welt“

Derweil scheint es, als winde sich unsere moderne „Wissens-Welt“ in immer höhere Komplexitätsgrade, wobei der Laie die scheinbaren oder tatsächlichen Widersprüche nicht mehr zu überblicken vermag. Betrachtet man komplexe Systeme wie das Klima oder die Weltwirtschaft, zeigt sich die Erfordernis besonders aufwändiger Modelle, deren Vorhersagen stark von den Annahmen, die in solchen komplexen Systemen getroffen werden müssen, abhängen. In der Chaostheorie verlässt ein System – sogar trotz dem Vorliegen exakter Startwerte – schnell den vorhersagbaren Korridor. Mit seiner Frage „Kann der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen?“ lieferte der Meteorologe Edward N. Lorenz hierzu eine einprägsame Metapher. So übertrieben dieses Bild auch sein mag, so macht es doch folgendes deutlich: Der Mensch kann evolutionsbedingt zwar gut mit linear ablaufenden Vorgängen umgehen, seine natürliche Einschätzungsgabe ist aber schnell überfordert, wenn sich die Änderungen in nichtlinearer oder vernetzter Art verhalten.     

Erstaunlicherweise – und auch hier soll ein letztes Mal eine Parallele zu den Naturwissenschaften gezogen werden – mussten für die quantenmechanische Beschreibung des Mikrokosmos der Determinismus und mit ihm die Begriffe von Ursache und Wirkung geopfert werden. In ähnlicher Weise kann leicht der Eindruck entstehen, dass es sich bei vielen zentralen Problemen unserer heutigen Zeit um ein kaum entwirrbares Geflecht von ununterscheidbaren Ursachen und Wirkungen handelt, was vermutlich einen Grund für die Sehnsucht nach allzu einfachen Erklär- und Denkmustern liefert. Dennoch lässt sich über das Eintreffen eines Ereignisses immer eine Wahrscheinlichkeitsaussage machen. Entsprechend weiß die Mathematik und Informatik aus der KI-Forschung mit Netzwerk-Architekturen umzugehen; sie identifiziert darin hierarchische Strukturen mit sich herauskristallisierenden systemtypischen Knotenpunkten.

Zwischen subjektiver Meinung und objektiver Faktenlage differenzieren

Anhand der aufgezeigten Analogien hoffen wir, die Relevanz einer naturwissenschaftlichen Methodik für den Umgang in einer komplexen „Wissens-Welt“ im Ansatz aufgezeigt zu haben. Die in diesem Blogbeitrag zusammengetragene Erkenntnis lässt sich vielleicht auf die folgende Formel bringen, welche jedoch schon Platon in seinem Höhlengleichnis mit mindestens ähnlicher Präzision ausgedrückt haben dürfte: Durch die achtsame Beobachtung der Welt sowie sich selbst und andere sollte sich das Individuum in die Lage versetzen, eine Metaposition einzunehmen, die den einströmenden Informationen gelassen mit der notwendigen Methodik begegnet. Dann müssen Argumente konzentriert und fokussiert analysiert werden, um subjektive Meinung von objektiver Faktenlage zu trennen. Dabei verlangt das Entlarven gedanklicher Irrtümer oder rhetorischer Tricks vor allem die selbstkritische Reflexion mit der Fähigkeit zum Perspektivwechsel und das etwaige Eingeständnis eigener Fehlvorstellungen. Daneben gilt es wohl eine Balance zwischen Ratio und Emotio zu finden (vgl. auch Jochem Müller, Jürgen Rippel: Crea Leadership – der kreative Weg zur Innovation, Ein Förderprojekt der Europäischen Union und des Bayerischen Staatsministeriums, Marketia Publishing, 1. Aufl. (2011)) sowie systemische Betrachtungsweise und zielführenden Pragmatismus nicht gegeneinander auszuspielen.

Schließlich bleibt zu hoffen, dass die zur Wahrheitsliebe erzogenen Absolventinnen und Absolventen der Natur- und Ingenieurwissenschaften ihre fachlichen Kompetenzen derart verinnerlicht haben, um sich gleichermaßen verantwortungsvoll bei den drängenden Herausforderungen unserer modernen „Wissens-Welt“ einzumischen. Einstein hätte diese Aufforderung vermutlich so ausgedrückt: „Liebe Nachwelt, wenn ihr nicht gerechter, friedlicher und überhaupt vernünftiger sein werdet, als wir sind bzw. gewesen sind, so soll euch der Teufel holen.“

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