Digitalpakt Hochschule? Drei Kommentare aus der HFD-Community

Digitalpakt Hochschule? Drei Kommentare aus der HFD-Community

06.12.18

Spinnennetz

Im Rahmen des Digitalpakts Schule will der Bund rund 5 Milliarden Euro in die Ausstattung von Schulen investieren. Voraussetzung hierfür ist eine Grundgesetzänderung zugunsten von Investitionen in Bildung von Seiten des Bundes. Während die Ministerpräsident(inn)en die geplante Änderung ablehnen und am 5. Dezember 2018 einstimmig beschlossen haben, den Vermittlungsausschuss anzurufen, blicken wir schon einmal in die Zukunft. Wie wäre es mit einem Digitalpakt Hochschule? Wir haben Jan-Martin Wiardas Forderung nach einem solchen aufgegriffen und unsere Community gefragt.

HörsaalTobias R. Ortelt und zwei unserer studentischen #DigitalenChangeMaker, Frederic Denker und Jan Baumann, sind sich einig: Es braucht einen Digitalpakt Hochschule. In ihren Kommentaren skizzieren sie, worauf es hierbei ihrer Meinung nach ankäme.

Wichtig: Es handelt sich um die individuellen Meinungen der Autoren und nicht zwangsläufig um diejenige des Hochschulforums Digitalisierung.

 

Fokus auf Konzepte – Ein Kommentar von Tobias R. Ortelt 

Ja, die deutsche Hochschullandschaft braucht einen „Digitalpakt Hochschule“. Dabei muss der Fokus zum Glück nicht auf der bereits vorhandenen Infrastruktur liegen, sondern in den Konzepten, wie diese Technik sinnvoll genutzt werden kann. Was bringt etwa ein moderner Hörsaal mit drei hochwertigen Beamern und mehreren Highspeed-Wifi-Routern, wenn der Mathematik-Professor doch lieber per Kreide auf die Tafel schreibt als das Tablet zu benutzen? Wie werden Lehrende auf den Weg der Digitalisierung mitgenommen, damit Sie zum Beispiel einen der drei Beamer für Live-Feedback mit Audience Response Systemen nutzen? Das sind die Fragen, die ein möglicher „Digitalpakt Hochschule“ beantworten muss.

Zum Glück gibt es jetzt schon quer durch die Republik spannende digitale Projekte, die auf andere Beteiligte einwirken. Leider sind allerdings viele dieser Projekte auch an Förderlinien wie den Hochschulpakt oder den Qualitätspakt Lehre (QPL) geknüpft, so dass diese Förderung schon bald auslaufen wird. Umso wichtiger ist es bereits jetzt die Projekte und Maßnahmen aus dem QPL nachhaltig in die Hochschulstrukturen zu implementieren bzw. verankern.

Studierende gemeinsam am LaptopMeine Hoffnungen liegen weniger nur auf politischen Kompromissen, sondern ganz besonders auf den Studierenden. Noch stärker werden künftige Studierende, die Generation youtube,  eine digitaler Bildung einfordern, weil sie es (hoffentlich) nicht anders kennen. Bereits jetzt merkt man, dass erlebte digitale Neuerungen in einer Vorlesung – sei es auch nur die Aufzeichnung der Vorlesung – auch in anderen eingefordert werden, weil die Studierenden viel schneller die Vorteile sehen als die Lehrenden es offensichtlich tun Leider scheitern sie mit diesen Forderungen aber noch zu oft an den Professorinnen und Professoren aus der Kreidezeit.

Mein Wunsch an die Politik ist es, dass die Möglichkeiten der digitalen Lehre erkannt und angemessen (finanziell) unterstützt werden. Wenn an Hochschulen nur zwei oder weniger unbefristete Personalstellen für das Thema e-learning – und damit meine ich die Konzepte und Methoden und eben nicht die Wifi-Router im Hörsaal – vorhanden sind, dann können auch keine Wunder erwartet werden. Der Wandel muss daher an den Hochschulen von innen mit stetiger Förderung, über die üblichen Projektlaufzeiten von vier oder fünf Jahren hinweg, von außen durch Bund und Länder erfolgen. Einen Change im Sinne der Digitalisierung der Lehre kann es nur geben, wenn endlich (digitale) Lehre wertgeschätzt wird und eben nicht nur die Anzahl an DFG-Projekten für das Ansehen an und von Hochschulen zählen, denn exzellente Forschung beruht auf exzellenter Lehre und umgekehrt.

Tobias R. Ortelt is wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Umformtechnik und Leichtbau der TU Dortmund. Er beschäftigt sich im Projekt „ELLI 2 – Exzellentes Lehren und Lernen in den Ingenieurwissenschaften“ und im Rahmen seiner Forschung mit der digitalen Lehre im Bereich der Umformtechnik.

 

Förderung digitaler Lehr-/Lernformate – Ein Kommentar von Jan Baumann

Die digitale Transformation ist Teil unseres Lebens und wird in absehbarer Zukunft noch weiter fortschreiten. Als Student möchte ich über die Veränderungen durch die Digitalisierung umfassend durch die Hochschulen informiert werden, auf kommende Entwicklungen gut vorbereitet sein und mitbestimmen dürfen. Daher sind in einem modernen Studium sowohl die inhaltliche Verankerung der digitalen Transformation im Curriculum wichtig, als auch die Anwendung interaktiver und digitaler Lernformate. Damit dies möglich ist, braucht es strukturierte sowie systematische Förderung im Sinne eines deutschlandweiten “Digitalpakts Hochschullehre”.

KameraWas für Fördermaßnahmen und Lehrformate wünsche ich mir als Studierender konkret von einem “Digitalpakt für die Hochschullehre”? Zum einen benötigen wir bessere Seminar- und Praktikumsvorbereitungen, beispielsweise durch Angebote wie Online-Vorlesungen, MOOCs bzw. SPOCs und die zusätzliche Möglichkeit des Blended Learnings. Eigenständiges und flexibles Lernen könnte so unter Einbindung von, an unseren individuellen Lerntypen angepasste, audio-visuellen Medien stattfinden. Für entstehende Fragen und Diskussionen kann man in die digitalen Lernformate zusätzlich einen Chatroom integrieren. In den darauf aufbauenden Seminaren und Praktika ist dann eine kritische Auseinandersetzung mit der Thematik möglich, zwischenmenschliche Aspekte werden erfahren sowie eigene Werte und Ansichten können entwickelt werden.

Sehr interessant ist es ebenfalls in Simulationszentren oder mit sogenannten Serious-Games zu lernen. Letztgenannte vermitteln Wissen eher informell im Kontext eines Computerspiels, sind dabei aber genauso effektiv wie das Lernen in Kleingruppen. In Simulationszentren kann man Kompetenzen wie z.B. das Vorgehen in Notfallsituationen oder die Arzt-Patienten-Kommunikation üben, auf Video aufzeichnen und anschließend analysieren und im Team besprechen und verbessern.

Gute Lehre und gute Wissenschaft gehören zusammen, denn durch qualitativ hochwertige Lehre können Studierende für Wissenschaft und Forschung begeistert werden. Damit bestehende Konzepte flächendeckend implementiert werden können, braucht es mehr Vernetzung und technische Unterstützung der Fakultäten und Lehrenden. Zusätzlich sollten Lehrende sowohl Zeit für die Weiterbildung zu digitalen Lehrformen als auch Fortbildungsangebote zur Erweiterung ihrer didaktischen Kompetenzen erhalten. Denn was nützt die beste Technik, wenn sie durch die Dozierenden nicht genutzt wird und die Studierenden nicht erreicht?

Gute Konzepte für Lehr- und Lernformate existieren bereits vielerorts und könnten bundesweit auf andere Standorte und Studiengänge übertragen werden. Hier ist eine bessere Vernetzung der Einrichtungen und mehr Austausch sinnvoll. Für weitere Inspirationen empfehle ich hier einen Blick in die Niederlande, wo tolle Konzepte eindrücklich erlebbar sind.

Die Nachfrage nach guten und digitalen Lern- und Lehrformen ist bei Studierenden vorhanden. Umso wichtiger ist es jetzt, dass auch von staatlicher Seite digitale und innovative Lehrformen an den Hochschulen verstärkt und zeitnah gefördert werden. Wichtig ist mir an diesem Punkt noch anzumerken, dass die neuen Lehrformate sinnvoll eingesetzt werden müssen. Die Digitalisierung der Lehre sollte nicht wegen des Digitalisierens an sich vorangetrieben werden, sondern mit dem Ziel, die Qualität des Studiums zu verbessern und die zukünftigen Generationen wissenschaftlich fundiert auf Chancen und Risiken einer digitalisierten Welt vorzubereiten.

Jan Baumann studiert Humanmedizin am Universitätsklinikum des Saarlandes und ist Mitglied der Zukunfts-AG #DigitaleChangeMaker.

 

Die Bedeutung von Transfer – Ein Kommentar von Frederic Denker

Die Zeit ist reif für eine Wende in der Hochschullehre in Deutschland! Denn die vielen erfolgreichen Pilotprojekte der letzten Jahre zeigen, welche innovativen Konzepte z.B. in der digitalen Lehre funktionieren.

Dabei kommen die Innovationen in den Hochschulen von sehr verschiedenen Akteuren: Mal wurde von der Unileitung Top-Down ein neues Lehrkonzept vorgeschrieben, mal wurden von einzelnen Professoren Tatsachen geschaffen. Unabhängig davon, von wem die Innovation ausging, gibt es sehr erfolgreiche Projekte und ebensolche Projekte die Individuallösungen bleiben oder nicht multipliziert werden sollten. Die Erkenntnisse aus Hunderten von Einzeltests müssen jetzt genutzt und flächendeckend in Deutschland angewendet werden. Denn was von der Politik jetzt gefordert wird, ist den Fortschritt nicht durch einzelne isolierte Projekte im Sand verlaufen zu lassen, sondern zu bündeln.

Doch nicht nur die Lehrenden und die Universitäten sind in dieser Phase der Bündelung gefragt, sondern wie Ortelt richtig betont, ist auch die Zeit der Studierenden gekommen. Ich bin jedoch der Meinung, dass der politische Anspruch, die politische Forderung und die Einbeziehung von Studierenden sich nicht widersprechen. Im Gegenteil, denn gut vernetzte Studierende können gerade hier wichtige Arbeit leisten, indem sie in den Universitäten auf die vielen anderen erfolgreichen Projekte in Deutschland aufmerksam machen. Sie ermöglichen die Weitergabe der innovativen und zu Recht geförderten Lehrkonzepte und ihrer Lernerfahrungen an andere Hochschulen und dienen als Multiplikatoren der Weiterentwicklung.

SpinnennetzKonkret für den Digitalpakt heißt es, dass eine Einzelförderung von Strategieprojekten auch daran gebunden werden könnte, dass diese nicht nur an der Hochschule selbst zu einer Verbesserung der Lehre führen, sondern dieses Wissen durch Netzwerke auch an andere Hochschulen getragen werden muss. So haben auch nicht geförderte Universitäten einen Vorteil durch die neuen Förderlinien. Denn auch unabhängig von einer Diskussion zu einer zentralen Lehr- und Lernplattform, die in letzter Zeit immer intensiver geführt wird, ist klar, dass Zusammenarbeit gefragt ist. Genau dafür sind natürlich Netzwerkakteure wie eben das Hochschulforum Digitalisierung prädestiniert.

Frederic Denker studiert an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen und ist Mitglied der Zukunfts-AG #DigitaleChangeMaker.

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