Didagital Enabling – Digitale Tools und Ihre Didaktik in der Lehrerbildung und der Hochschuldidaktik – ein Interview mit Sophia Hercher

Didagital Enabling – Digitale Tools und Ihre Didaktik in der Lehrerbildung und der Hochschuldidaktik – ein Interview mit Sophia Hercher

27.11.18

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An der Philipps-Universität Marburg führt Sophia Hercher das Projekt “Offene Zukunftswerkstatt für die digitale Hochschullehre” durch. In diesem Experimentierraum haben Lehrende die Möglichkeit, innovative Lehr- und Lernszenarien in einer geschützten Umgebung und professionell betreut zu erproben. Während der HFD Summer School 2018 hat Sophia Hercher einen Workshop mit dem Titel „Didagital Enabling – Digitale Tools und Ihre Didaktik in der Lehrerbildung und der Hochschuldidaktik“ gegeben. Wir haben mit ihr über den Einfluss von Technologie auf die Bildung gesprochen.

Wie beeinflussen Technologien (digitale Tools) unsere Wahrnehmung?

Digitale Tools beeinflussen unsere Wahrnehmung auf sehr vielen verschiedenen Ebenen, vielleicht sogar auf allen, die es gibt.

Als Beispiel hierfür sei die zwischenmenschliche Kommunikation genannt. Dadurch, dass wir jetzt per Whatsapp und Facebook Nachrichten austauschen können, hat sich unsere Verfügbarkeit seit Beginn der Digitalisierung verändert. Dies hat natürlich auch Auswirkungen auf die Art und Weise, wie wir generell zueinander oder mit der Außenwelt in den Austausch treten. Man denke einfach an einen normalen Spaziergang im Wald: Durch das Mitführen meines Handys kann ich nun beispielsweise die Schönheit einer Pflanze oder eines Momentes festhalten. Das Wissen um diese Möglichkeit beeinflusst wie ich mich situationsbedingt verhalte: So könnte es sein, dass man, anstatt sich den Moment gedanklich einzuprägen, zum Handy greift und den Moment fotografisch festhält. Diese Funktionalität des Smartphones ist bereits Teil des Bewusstseins geworden. Dies liegt daran, dass der Nutzende die Verfügbarkeit und Nutzbarkeit seines Gerätes kennt. Man weiß, dass man sich nicht mehr alles merken muss, dass man die jeweiligen Informationen ganz bequem ins Telefon einspeisen kann und diese dann in der Tasche hat.   

 

Was bedeutet das für die Lehre?  

Dass wir uns noch stärker vergegenwärtigen müssen, wie diese Tools die Lebenswelt unserer Lernenden prägen. Wir müssen uns über die Rolle dieser Tools im Alltag der Lernenden bewusst werden, denn genau dort möchten wir anknüpfen. Digitale Tools sind nicht nur Lehrmethoden, sondern auch Inhalt. Und genau diesem Inhalt dürfen wir uns nicht verschließen. Die andere Art der Kommunikation und das andere Wahrnehmen der Umwelt muss berücksichtigt werden, damit wir unsere Lehre auch dementsprechend gestalten können.

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Welche Kompetenzen stehen beim Umgang mit Medien im Vordergrund und wie lassen sich diese fördern?

Durch die Digitalisierung entstehen ganz neue Anforderungen an die Lernenden: Sie müssen nicht nur die Techniken kennen, die es gibt, sondern sie müssen auch wissen, welchen Zweck diese erfüllen und wie man diese für sich selbst dann fruchtbar machen kann.

Ein guter Weg, um sich möglichst viele Kompetenzen im neuen Zeitalter anzueignen, ist die Auseinandersetzung mit so vielen neuen Medien wie möglich. Denn somit wird der eigene Horizont und das Bewusstsein über diese Medien und deren Funktionalität ermöglicht. Die Kenntnis darüber ist wichtig, um beurteilen zu können, ob mir jene Medien bei der Erreichung eines Lernzieles dienlich sind. Da es immer mehr in Richtung der selbstständigen Arbeit geht, ist das Wissen über die eigene Informationsbeschaffung und die Benutzung verschiedener Tools bei der Umsetzung eines Zieles eine nicht zu unterschätzende Kompetenz. Diese Kompetenz gilt nicht nur für den Lernbereich, sondern auch für den Arbeitsbereich bis hin zum Führungsbereich.  

 

Wie kann ein Seminarkonzept aussehen, das sich mit diesen Fragen auseinandersetzt?  

Farbe.Mit dieser Frage setze ich mich bereits seit einer Weile auseinander und habe dafür verschiedene Zugänge gewählt. Eine Variante ist es, die Lehrenden mit Checklisten auszustatten, die es ihnen ermöglichen, einen Überblick zu behalten, worauf sie achten müssen, wenn sie Apps bei der Arbeit mit Studierenden benutzen möchten. Diese Checkliste deckt dann solche Aspekte ab wie die Installation von Apps, das Erstellen von Accounts, wie sind die technischen Gegebenheiten, bedarf es einer Lizenz, werden urheberrechtliche Materialien genutzt oder das eigene Urheberrecht abgegeben.  

Hierbei ist aufgefallen, dass viele der Lehrenden gerne konkrete Tipps hätten, welche Tools sie nutzen können. Im Vordergrund steht für mich jedoch, dass Lehrende befähigt werden, die Nutzbarkeit und Funktionalität einer App im Unterricht auf den ersten Blick einschätzen zu können.

In der Hochschuldidaktik habe ich bisher zwei unterschiedliche Herangehensweisen erprobt. Zunächst wurden Lernaktivitäten bestimmt und diesen dann verschiedene Tools zugeordnet. Heute habe ich diese Vorgehensweise umgekehrt: Anfänglich wurden die Tools betrachtet, woraufhin dann überlegt wurde, welche Lernaktivitäten mit diesen Tools kompatibel bzw. realisierbar wären. Bis heute bleibt für mich ungeklärt, welcher dieser Aspekte zuerst beleuchtet werden sollte.

Ich hoffe, dass ich an dieser Stelle noch weiter komme und hierzu viel Input von der Community erhalte. Es ist wichtig, dass man sich in Erinnerung ruft, dass die digitalen Tools nicht nur Werkzeuge sind, sondern auch zum Inhalt unserer Fortbildung werden müssen.     

 

Was nehmen Sie aus dem Workshop mit?

Ich nehme für mich mit, dass die Frage nach der Rolle der digitalen Tools für mich weiterhin sehr wichtig ist. Denn ich habe merken können, dass Grundsatzfragen für viele Lehrende und Supportler relevant sind. Solche Grundsatzfragen umfassen beispielsweise die Nutzung von proprietärer Software in der Hochschule oder Software, die erfordert, dass Accounts auf anderen Plattformen angelegt werden müssen als auf der hochschuleigenen Plattform. Diese Fragen müssen grundsätzlich angegangen werden. Es muss ein Raum geboten werden, damit Workshops sich neben inhaltlichen Aspekten auch mit solchen Fragen befassen können.    

Dies führt dann dazu, dass eine Hochschule sich ein Konzept überlegen muss, wie die unterschiedlichen Ebenen bedient werden könnten. Vorzugsweise geschieht dies in einer Reihenfolge, sodass dann auch alle Ebenen von den Lehrenden mitberücksichtigt werden können.

Ansonsten hatte das Seminar schon eine sehr fruchtbare Herangehensweise. Wobei man natürlich bei digitalen Tools genau differenzieren muss, welches spezielle Tool gemeint ist, damit eine Verwechslung mit einem allgemeinem Medium wie beispielsweise dem Video vermieden werden kann.    

 

Vielen Dank für das Interview.

 

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