The end of the world as we know it?

The end of the world as we know it?

05.12.14

Die digitale Revolution tobt. Ein Zeitreisender von vor 15 Jahren würde viele Lebensbereiche nicht wiedererkennen. Von den Mitteln und der Art der Kommunikation über Einkaufsgewohnheiten bis hin zum Medienkonsum ist die heutige Welt radikal anders als noch vor wenigen Jahren. Vor diesem Hintergrund ist die Diskussion naheliegend, was die Digitalisierung mit den Hochschulen macht. Am 25. November luden der Stifterverband, die Leuphana und das Bard College ein, um über genau dieses Thema zu diskutieren. Unter dem optimistisch wie pessimistisch lesbaren Titel „The end of the university as we know it“ diskutierten der Präsident der San José State University Prof. Dr. Mohammed Qayoumi und Prof. Dr. Christoph Meister von der Universität Hamburg den Einfluss von Technologie auf die Hochschulbildung. Ein Review von Sebastian Horndasch, Projektmanager bei Wikimedia Deutschland.

Im Juni 2014 titelte der Economist: „Creative destruction – Reinventing the university“. Das Blatt argumentierte, dass steigende Bildungskosten, sich verändernde Arbeitsmärkte, vor allem aber Massive Open Online Courses (MOOCs) dafür sorgen würden, dass gerade Hochschulen am mittleren und unteren Ende den Weg vieler Tageszeitungen gehen müssten: Sie würden ihre Türen schließen müssen. Eine aus Universitätssicht eher apokalyptische Lesart des Endes der Hochschule „as we know it“.

Allerdings war der Economist im Sommer 2014 bereits spät dran mit dieser Vorhersage:  Der MOOC-Hype der Jahre 2012 und 2013 war schon abgeflaut. Die Probleme: Hohe Abbrecherquoten, geringere Lerneffekte als bei Präsenzvorlesungen und Studierende, die überwiegend weiß und hoch gebildet waren. Also alles nur heiße Luft?

 

Digital und analog – will it blend?

Sowohl Qayoumi als auch Meister zeigten sich skeptisch in Hinblick auf MOOCs. Qayoumi berichtete, dass auch die San José State University mit dem Lehrformat experimentiert hätte – allerdings mit wenig Erfolg. Die Ergebnisse der Teilnehmenden seien im Schnitt spürbar schlechter gewesen als diejenigen von Teilnehmenden traditioneller Kurse.

Was dagegen gut funktioniere: Eine Kombination aus Online- und Offlinekursen. Studierende verfolgen von Zuhause aus Vorlesungen und machen darauf aufbauende Übungen und Diskussionen im Team. Die Erfolgsquote in einem Kurs habe das von 59% auf 92% erhöht. Sein Credo: Hochschulen sollten die Möglichkeiten des Digitalen nutzen, um die Bildung auf dem Campus besser und sinnvoller zu machen.

Meister berichtete von ähnlichen Erfahrungen wie Qayoumi: Blended Learning funktioniere und stoße bei Studierenden wie Mitarbeitenden auf positive Resonanz. Die Frage für ihn sei nicht, ob sich Hochschullehre komplett ins Netz verlagert. Vielmehr gehe es darum herauszufinden, wie man digitale Möglichkeiten konzeptionell bestmöglich für die Bildung nutzt. So habe lasse er unter anderem Studierendenteams nicht mehr traditionelle Referate halten. Vielmehr bringt er sie dazu, online auf einer Lernplattform gemeinsam über ein Thema zu diskutieren und dann im Seminar eine 10minütige Präsentation zu halten. Dies führe zu besseren Lernergebnissen und Diskussionen – sowie dazu, dass sich andere Studierende in den Seminaren nicht aufgrund nicht endender Vorträge langweilten.

 

Bildung in der digitalen Welt – same, same but different

Lernen ist ein sozialer Prozess. MOOCs – zumindest in der Form, wie sie sich derzeit präsentieren – können die soziale Dimension des Lernens nicht simulieren. Eine weitgehende Verlagerung von Hochschullehre ins Netz wie der Economist sie voraussagt, scheint nicht realistisch. Es ist nicht mit verlassenen Campussen und zerfallenden Universitätsbibliotheken zu rechnen.

Die Veränderungen sind subtiler. Digitale Werkzeuge ermöglichen unter anderem neue Formen kollaborativen Arbeitens. Wikipedia hat gezeigt, dass die gemeinsame Arbeit vieler zu Ergebnissen führen kann, die qualitativ weitaus besser sind als die traditioneller redaktioneller Systeme. Diese Arbeitsmethoden lassen sich auch auf die Hochschullehre übertragen. Interaktivere und diskursivere Formen des Lernens werden an vielen Hochschulen erfolgreich erprobt. Die Dichotomie von Lernenden und Lehrenden verschwimmt dadurch zusehends. Und das ist gut, denn nur so bereiten wir Studierende ideal auf sich immer stärker verändernde Arbeitsmärkte vor.

 

In Methoden investieren, nicht in digitale White Boards

Was brauchen also Universitäten in Zeiten der Digitalisierung? Die entsprechende technische Infrastruktur ist im Regelfall vorhanden. Die wirkliche Lücke tut sich bei Lehrmethodiken auf. Qayoumi hat Recht, wenn er sagt, dass digitale Hilfsmittel eine bessere und sinnvollere Gestaltung der Zeit auf dem Campus ermöglichen. Die Frontalvorlesung kann auch auf dem Monitor stattfinden. Der Lehrende dagegen sollte mit den Studierenden interaktiv arbeiten.

Was sollten die Hochschulen (und die öffentliche Hand als Geldgeber) also tun? In Köpfe investieren. Das bedeutet einerseits, die Lehrforschung zu stärken. Die neuen Technologien ermöglichen neue Methoden, die erprobt und evaluiert werden müssen. Forscher wie Christoph Meister schreiten hier voran. Andererseits müssen Hochschullehrende durch Aus- und Weiterbildungen an neuen Methoden geschult werden.

Ein persönliches Fazit der hochkarätigen Diskussion: Die Universität wird in Zukunft von außen in etwa so aussehen, wie wir sie kennen. Aber von innen hat sie zumindest in der Lehre nicht mehr viel gemein mit dem traditionellen Modell. Jedenfalls dann, wenn sie die Möglichkeiten der Digitalisierung ergreift.

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